Museum oder Schrottplatz?
Der letzte Transrapid Deutschlands sieht in Lathen einer ungewissen Zukunft entgegen
Ist das ein Omen? Eine schwarze Katze strolcht über die Straße vor dem früheren Besucherzentrum der Transrapid-Versuchsanlage Emsland in Lathen und starrt ein im Freien stehendes älteres Modell des Hochgeschwindigkeitszuges an. Der Lack des Hightecholdies ist ab: Die Fenster sind blind, und die schmutzig gewordene Farbe löst sich in dicken Placken. Ein paar Meter weiter steht der Nach-Nachfolger des historischen Zuges in einer Halle. Noch strahlt er in kräftigem Rot. Aber am Dienstag entscheidet sich auch sein Schicksal: Kommt er ins Museum oder landet der Hoffnungsträger der Transrapid-Technik in Deutschland auf dem Schrottplatz?
Der Bund als Eigentümer des Transrapid 09 will das Fahrzeug verkaufen. Bis zum 25. Oktober können Interessenten Kaufangebote bei der VEBEG, dem Verwertungsunternehmen des Bundes abgeben. Zu besichtigen war der bis zu 500 Kilometer pro Stunde schnelle Superzug dienstags und mittwochs. Aber das Interesse sei sehr überschaubar, sagt VEBEG-Prokurist Volkmar Kunert. Er schätzte vergangene Woche, dass sich fünf bis sechs Interessenten das Fahrzeug anschauen werden. Wie viele ein Gebot abgegeben haben, ist unklar.
Die Interessenten seien kleinere Museen. Auch ein Unternehmer habe sich gemeldet. Und er rechne damit, dass ein Verschrotter sich das Fahrzeug anschauen werde, so Kunert. Auf einen hohen Erlös hofft der Bund nicht. »Wenn man 100 Euro pro Tonne Schrott bekäme, wäre das viel.« Bei einem Leergewicht von knapp 170 Tonnen ergäbe das gerade einmal 17 000 Euro.
Der Magnetzug war der Prototyp für den Transrapid, der einst den Münchner Hauptbahnhof mit dem Flughafen der bayerischen Landeshauptstadt verbinden sollte. Aber wie alle Transrapid-Vorhaben in Deutschland scheiterte auch dieses Projekt an den hohen Kosten. Der Zug fuhr dennoch bis Ende 2011 auf der Lathener Teststrecke, damit das Zulassungsverfahren des Eisenbahn-Bundesamtes beendet werden konnte, sagt Ralf Effenberger. Er leitet die Nachfolgefirma der Testanlage. Heute wird dort zur Elektromobilität geforscht.
Denn eine Besonderheit des Magnetzuges ist auch für die Elektromobilität interessant: Der TR09 konnte berührungslos per Induktion Strom übertragen. Das Prinzip kann auch bei E-Autos und E-Lastwagen angewandt werden. Das Hantieren mit Ladekabeln würde damit entfallen. Mit einem Team von 20 Leuten arbeitet Effenberger heute an dem Projekt. Zu Transrapid-Zeiten waren auf der Teststrecke rund 60 Personen beschäftigt.
Interesse am Zug hat auf jeden Fall die Samtgemeinde Lathen. In der Kommune gebe es den Wunsch nach einem Transrapid-Museum, sagt Samtgemeindebürgermeister Karl-Heinz Weber (CDU): »Wir haben in den dreißig Jahren, in denen der Transrapid in Lathen erprobt wurde, eine Vielzahl von Exponaten und Komponenten eingesammelt«. Das Fahrzeug gehöre in eine Sammlung. »Das soll nicht ausgeschlachtet werden.« Allerdings: Wie ein solches Museum finanziert werden solle, stehe noch nicht fest. Nicht nur das Fahrzeug müsse gekauft; auch der laufende Betrieb müsse finanziert werden.
Die großen Museen hätten auf das Angebot, den letzten Transrapid Deutschlands zu bekommen, sehr zurückhaltend reagiert, sagt VEBEG-Prokurist Kunert. Und bei den kleinen Museen komme es eben auf ein überzeugendes Nutzungs- und Finanzierungskonzept an. Auch der Erhalt geht ins Geld.
Das letzte Wort, wer den Zug bekommt, habe Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), so Kunert. Es spricht einiges dafür, dass sich das Schicksal des einstigen Hightech-Verkehrshoffnungsträgers bald entscheidet. dpa/nd
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