Linz: 3.000 Bürger gegen 300 rechte »Verteidiger Europas«

Unter hohen Sicherheitsvorkehrungen und begleitet von einer Demonstration fand in Österreich ein Kongress der extremen Rechten statt

  • Michael Bonvalot, Linz
  • Lesedauer: 3 Min.

Mit einer Großdemonstration protestierte das Bündnis »Linz gegen Rechts« am Samstag gegen einen rechtsextremen Vernetzungskongress in der oberösterreichischen Landeshauptstadt. Nach Veranstalterangaben demonstrierten rund 3500 Antifaschisten durch die Linzer Innenstadt, die Polizei spricht von 1800 Teilnehmern.

Anlass der Demonstration war der Kongress »Verteidiger Europas«, der von Burschenschaften mit besten Verbindungen zur FPÖ organisiert wurde (»nd« berichtete). Rechtsextreme aus dem gesamten deutschsprachigen Raum versammelten sich aus diesem Anlass in den landeseigenen Linzer Redoutensälen. Das Land Oberösterreich hatte den Mietvertrag mit den Rechtsextremen trotz zahlreicher Proteste aufrechterhalten. Laut Polizei nahmen rund 300 Personen am Kongress teil.

Zur Demonstration gegen die Rechtsextremen hatte ein breites Spektrum aus sozialdemokratischen, kommunistischen, grünen, trotzkistischen und autonomen Strukturen aufgerufen. Bei der Anreise nach Linz wurden zwei Busse aus Wien angehalten und kontrolliert. Allerdings hatte erst vor zwei Wochen ein Wiener Gericht erklärt, wonach anlasslose Kontrollen von Bussen nicht legal seien. Eine Sprecherin des Bündnisses »Offensive gegen Rechts« kündigte gegenüber »nd« rechtliche Schritte gegen die Kontrolle an.

Thomas Pilgerstorfer, Sprecher von »Linz gegen Rechts«, zeigte sich mit der Demonstration sehr zufrieden: »Wir haben heute gezeigt, dass wir nicht akzeptieren, wenn Rechtsextreme sich in Linz vernetzen wollen.« Für Pilgerstorfer setzte die Demonstration ein klares Zeichen gegen Rechts: »Linz ist und bleibt eine weltoffene Stadt«, so der Bündnis-Sprecher.

Der Linzer Stadtpolizeikommandant Karl Pogutter spricht von einem insgesamt ruhigen Ablauf. Er erklärt, dass es rund um die Demonstration weder Verhaftungen noch Identitätsfeststellungen gegeben hätte. »nd« war allerdings Zeuge, als bei der Auftaktkundgebung Identitätsfeststellungen vorgenommen wurden. Den Widerspruch konnte Pogutter gegenüber »nd« nicht auflösen. Zwei weitere Personen wurden angezeigt, weil sie in den Kongressräumen eine Stinkbombe platziert haben sollen. Laut Pogutter handelt es sich dabei um deutsche Staatsbürger.

Das Areal um den Kongress war von der Polizei weiträumig abgesperrt, passieren durften nur Teilnehmer und Anrainer. Auch Journalisten wurden von der Polizei ausgesperrt. Einzig der seit einigen Monaten stark nach rechts driftende Sender Servus TV von Red-Bull-Eigentümer Dietrich Mateschitz hat offenbar eine Sondergenehmigung der Kongressorganisatoren bekommen. Trotz mehrerer Anfragen war Servus TV nicht zu einer Stellungnahme bereit.

Die Palette der Redner und Aussteller beim Kongress umfasste das gesamte Spektrum des Rechtsextremismus. Völkische Burschenschafter waren ebenso präsent wie rechte Verschwörungstheoretiker oder Vertreter der Neuen Rechten, darunter auch die Identitäre Bewegung. Prominentester Redner war FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl, der als wichtigster Berater von Parteichef Heinz-Christian Strache gilt. Der bekannt reaktionäre Salzburger Weihbischof Andreas Laun wurde in letzter Sekunde ebenfalls als Redner angekündigt, musste aber auf Druck der Kirchenoberen seinen Auftritt wieder absagen.

Aus Deutschland sprachen unter anderem Jürgen Elsässer, Herausgeber des rechten Compact-Magazins, Philip Stein, Pressesprecher der Deutschen Burschenschaften und Felix Menzel, Herausgeber des Magazins »Blaue Narzisse«. Kurzfristig nahm auch Götz Kubitschek am Kongress teil, der als Haupt-Theoretiker der Identitären Bewegung gilt.

Im Anschluss an den Kongress bedankten sich die Organisatoren über die sozialen Medien beim konservativen oberösterreichischen Landeshauptmann Josef Pühringer sowie beim sozialdemokratischen Linzer Bürgermeister Klaus Luger für deren »Standhaftigkeit«, die den Kongress ermöglicht habe.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -