Serie gerissen, Job geschaffen
Einen Tag nach dem Wolfsburger Sieg in Freiburg wird Interimstrainer Ismaël befördert
Es war in vielerlei Hinsicht ein ungewöhnlicher Erstligasamstag in Freiburg: Erstens regnete es in Strömen. Zweitens ging der SC Freiburg am Ende als Verlierer vom Platz - das war zuletzt am 14. Februar passiert, als es gegen Düsseldorf eine Heimniederlage gesetzt hatte. Drittens wusste nach dem 0:3 im Freiburger Lager keiner so recht, wie es zu einem so deutlichen Ergebnis hatte kommen können. Und viertens strahlte diesmal der Trainer der Auswärtsmannschaft über beide Ohren. Valérien Ismaël schien bereits nach dem Schlusspfiff zu ahnen, dass er Stunden später zum neuen Chefcoach der Wölfe ernannt werden würde.
Tatsächlich hätten die meisten Zuschauer bereits zur Halbzeit, in die der VfL durch den zweiten Saisontreffer von Mario Gomez (41.) mit einer 1:0-Führung ging, darauf gewettet, dass die Niedersachsen gewinnen würden. Das Team von Ismaël trat auf dem matschigen Geläuf kämpferisch stark auf und legte nach Wiederanpfiff mit einem Konter zum 2:0 nach (Gomez/53.). Dass das Tor nach einem Freistoß in der Wolfsburger Hälfte fiel, nach dem sich der SC überrennen ließ, veranlasste SC-Trainer Christian Streich zu der Feststellung, »dass wir uns gefühlt den Ball selbst reinschießen«.
Nach zehn Heimsiegen in Folge zeichnete sich nun also die erste Niederlage für Freiburg ab. Doch das allein sorgte beim Coach weniger für Verdruss als die Tatsache, dass mit Christian Günter ein Stammspieler kurz vor Schluss noch Rot sah (86.). Er hatte Daniel Didavi bei dessen Versuch zu kreuzen, leicht touchiert, was der dankbar annahm. Den Strafstoß verwandelte Ricardo Rodriguez zum 3:0-Endstand (86.).
Kurz darauf lagen sich Ismaël und seine Spieler in den Armen. Und manch einer im Wolfsburger Tross schien zu ahnen, dass mit diesem Sieg auch die Trainersuche beendet sein würde. Tags drauf ließ VfL-Geschäftsführer Klaus Allofs verlauten, dass der VfL einen Nachfolger für den im Oktober geschassten Dieter Hecking gefunden habe. »Wir haben die Gesamtsituation gemeinsam analysiert und sind zu dem Entschluss gekommen, dass Ismaël der richtige Cheftrainer für den VfL Wolfsburg ist.« Die »gründliche Prüfung aller Alternativen« habe ergeben, dass der bisherige U-23-Coach, der einen Vertrag bis 2018 besitzt, die beste Lösung sei.
Der ehemalige HSV-Coach Bruno Labbadia, der im Falle einer Niederlage wohl bessere Chancen auf ein neues Engagement gehabt hätte, hatte damit den Kürzeren gezogen. Möglicherweise auch, weil die VfL-Bosse dessen Wunsch nach einem langfristigen Vertrag nicht nachkommen wollten.
Dass er sich für den richtigen Mann am richtigen Ort hält, hatte Ismaël, der in gemeinsamen Bremer Tagen auch schon Spieler unter Allofs war, schon in Freiburg durchblicken lassen. Sowohl er als auch die Spieler hätten in den vergangenen Wochen gemerkt, »dass etwas zusammenwächst«.
Besagte Spieler scheinen tatsächlich von ihrem derzeitigen Coach angetan zu sein. Nach dem Schlusspfiff rannte die gesamte Mannschaft auf den gebürtigen Elsässer zu - eine symbolische Geste, für die sich ihr Coach mehrfach bedankte. »Er hat uns auch in den Spielen, in denen wir nicht gewonnen haben, optimal eingestellt«, sagte Didavi, auch Doppeltorschütze Gomez sprach sich für Ismaël aus. »Wir haben schon einen Trainer auf dem Gewissen«, sagte er in einem Interview, »und wollen keine Trainervernichtungsmaschine sein.« Es waren deutliche Worte. Und offenbar ein Signal, das die Vereinsführung nicht überhören wollte.
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