Trump will »Obamacare« offenbar nicht ganz kippen

Designierter US-Präsident will zentrale Punkte der Gesundheitsreform erhalten / Auch Bau einer Mauer nach Mexiko und Einreiseverbot für Muslime fraglich

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Washington. Donald Trump will anscheinend zumindest Teile der von US-Präsident Barack Obama durchgesetzten Gesundheitsreform beibehalten. Das sagte Trump in einem Interview des »Wall Street Journals«. Im Wahlkampf hatte Trump angekündigt, er werde »als Erstes« dieses Projekt Obamas kippen. Die unter dem Namen »Obamacare« bekanntgewordene Reform hat mehr als zehn Millionen Menschen in den USA eine Krankenversicherung gebracht.

Die Regelung, dass Versicherer Patienten nicht wegen Vorerkrankungen ablehnen können, halte er für richtig, sagte Trump. Außerdem sollten auch künftig Kinder für bestimmte Zeit bei ihren Eltern mitversichert bleiben können. Diese beiden Regelungen »gefallen mir sehr gut«, sagte Trump. Aus Respekt für Obama wolle er darüber nachdenken, die Reform nicht vollends rückgängig zu machen. Der Meinungsumschwung des Republikaners kam nach Einschätzung der Zeitung wohl durch den Einfluss Obamas bei einem Gespräch mit Trump am Donnerstag zustande.

Trump hätte es allerdings ohnehin schwer, die Gesundheitsreform ganz zu kippen. Die Republikaner konnten im Kongress zwar ihre Mehrheiten in beiden Kammern verteidigen, und Obamas Gesundheitsvorsorge ist ihnen seit langem ein Dorn im Auge. Sie haben im Senat aber nicht die notwendige Zahl von 60 Sitzen, um eine Blockade durch die Demokraten zu verhindern. Diese können durch Dauerreden (Filibuster) erreichen, dass wichtige Gesetzesvorhaben nicht zur Abstimmung kommen.

Er wolle zudem sehr schnell die Themen Einwanderung, Grenzsicherheit und Deregulierung im Finanzwesen angehen, sagte Trump weiter. Seine Wirtschaftsberater sind vorwiegend Investmentbanker und Hedgefonds-Manager.

Auch bei anderen Wahlversprechen gibt sich Trump inzwischen deutlich zurückhaltender. So wurden auf seiner Website nicht nur die Forderung nach dem Bau einer Mauer zu Mexiko gestrichen, sondern auch das geplante Einreiseverbot für Muslime.

Seinen künftigen Vize Mike Pence macht der designierte US-Präsident zum Chef seines Übergangsteams. Pence löst Chris Christie ab, der diese Funktion bisher innehatte. Ebenfalls in führender Funktion sollen im Übergangsteam eine Reihe enger Mitstreiter tätig sein: General Michael Flynn, der frühere Sprecher des Abgeordnetenhauses Newt Gingrich, Ex-Präsidentschaftsbewerber Ben Carson, New Yorks früherer Bürgermeister Rudy Giuliani und Alabamas Senator Jeff Sessions. Einige dieser Namen werden auch für zentrale Funktionen in einem Kabinett Trump oder im Weißen Haus gehandelt.

Trumps Team benannte am Freitag in New York auch eine Reihe anderer Mitstreiter, die den Regierungswechsel vorbereiten sollen. Darunter sind seine drei Kinder Ivanka, Donald Jr. und Eric, Schwiegersohn Jared Kushner, Ex-Banker Steven Mnuchin, PayPal-Gründer Peter Thiel, Republikaner-Chef Reince Priebus und sein Wahlkampfleiter Stephen Bannon.

Der politisch unerfahrene Seiteneinsteiger hatte nach einem aggressiven und populistischen Wahlkampf die Präsidentenwahl am Dienstag gegen seine Konkurrentin Hillary Clinton gewonnen. Agenturen/nd

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