Universität kündigt G20-Gegnern Vertrag für Konferenz
Protesplanung an Hamburger Hochschule soll verhindert werden / AktivistInnen wollen trotzdem kommen
Kurz vor ihrer ersten großen »Aktionskonferenz« sind den GegnerInnen des G20-Gipfels in Hamburg die Räumlichkeiten an der Hochschule für angewandte Wissenschaft (HAW) gekündigt worden. Die Universität hat dem Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) am Dienstag das Abhalten der Veranstaltung untersagt. Die Tagung der 20 einflussreichsten StaatenlenkerInnen wird im Juli 2017 in der Hansestadt stattfinden. Schon jetzt laufen die Vorbereitungen und Sicherheitsvorkehrungen auf Hochtouren.
Lesen Sie im Interview mit Emily Laquer von der »Interventionistischen Linken«, warum die Proteste in Hamburg für die gesamte Bewegung wichtig sind.
Verbot »politisch motiviert«
Anders als für die RegierungsvertreterInnen scheint für Protest gegen die Politik der G20 kein Platz in der Stadt zu sein. Der Präsident der HAW Prof. Dr. Claus-Dieter Wacker begründete die fristlose Kündigung des mit dem AStA geschlossenen Nutzungsvertrags mit der politischen Ausrichtung einiger GegnerInnen. So diene der AStA nur als »Strohmann« für linke Gruppen.
In einer Erklärung wies die Studierendenvertretung die Einschätzung der Hochschulleitung als falsch zurück. Außerdem sei der Versuch bereits die Planung von Protesten gegen den Gipfel zu behindern »einer Demokratie nicht würdig«. Auch die »Interventionistische Linke«, Mitorganisatorin der Konferenz äußerte sich zur Kündigung. Diese sei offensichtlich politisch motiviert, man werde sich durch solche Widrigkeiten jedoch nicht von legitimem Protest abhalten lassen.
»Der Versuch uns durch Verbote einzuschüchtern wird nach hinten losgehen«, meint hingegen Emily Laquer Sprecherin der »Interventionistischen Linken« gegenüber »nd«. Den legitimen Protesten mit Repression zu begegnen, werde die Mobilisierung nicht schwächen, sondern stärken, so Laquer weiter. Die AktivistInnen mobilisierten daher weiter zur Teilnahme an der Konferenz.
Werner Rätz von Attac wies auf die zahlreichen autoritären und rechten Regierungschefs hin, die im Sommer Hamburg besuchen werden: »Wer sich Gäste wie die Herren Trump, Erdogan, Putin und Temer einlädt, muss auch den Protest willkommen heißen.«
Grüne finden Verbot nachvollziehbar
Die zuständige Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) findet ein Verbot der Veranstaltung »nachvollziehbar«. Gegenwind bekommt sie dafür von des Linksradikalismus unverdächtiger Seite. FDP-Innenpolitiker Carl Jarchow wies gegenüber dem »Hamburger Abendblatt« auf grundlegende Funktionsweisen des Rechtsstaats hin: »Solange es sich nicht um verbotene Gruppierungen handelt, sollte es nach unserem Verständnis grundsätzlich allen möglich sein, derartige Konferenzen abzuhalten.«
Auch die innenpolitische Sprecherin der Hamburger LINKEN, Christiane Schneider, zeigte sich empört. Die Kündigung sei »ein verheerendes Signal« der rot-grünen Landesregierung und zeige, es gebe »keinen Platz für Kritik«, so Schneider auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.
Einschränkung der Grundrechte befürchtet
Grundlegende Bedenken zum Umgang der Stadt mit den Gipfelprotesten gibt es indes von Seiten des »Komitees für Grundrechte und Demokratie«. In einer Stellungnahme äußerte das Komitee die Befürchtung, dass die Versammlungsfreiheit während der Proteste stark eingeschränkt werden könnte. Hierauf würde die - öffentlichkeitswirksam verkündete - Aufrüstung der Polizeieinheiten und die Ernennung von Hartmut Dudde, zum Gesamteinsatzleiter während des Großereignisses hindeuten.
Dudde hatte unter dem rechtspopulistischen Innensenator Schill Karriere gemacht und ist bekannt für seine harte Linie, insbesondere gegenüber linken Demonstrationen und Protesten. Mit seiner Ernennung seien deshalb »die Weichen für harte und eskalierende Auseinandersetzungen rund um die Gipfel gestellt«, so das Grundrechtekomitee.
Spitzel im Einsatz?
Befürchtungen für einen Polizeieinsatz der anderen Art kommen indes vom Arbeitskreis »Verdeckte Ermittlungen abschaffen!«. In einer Pressemitteilung stellte der Arbeitskreis nüchtern fest: »Wir gehen davon aus, dass auch derzeitig mehrere Polizeibeamt*innen verdeckt in unseren Strukturen ermitteln – insbesondere bei großen Gipfeln wie dem OSZE und dem G20.«
In der Vergangenheit war es wiederholt zu Enttarnungen verdeckter ErmittlerInnen der Hamburger Polizei in linken Organisationen der Stadt gekommen. Auch bei den Protesten gegen den G8-Gipfel in Rostock vor neun Jahren war es zu der umstrittenen Einsatzpraxis gekommen.
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