Mitarbeiter wollen Klarheit
Gekündigter Betreiber PeWoBe leitet noch immer fünf von neun Flüchtlingsheimen
Der rote Backsteinbau in einer Wohnstraße in Weißensee war früher mal ein Bürogebäude. Ende 2014 wurden hier zunächst Dusch- und Gemeinschaftsräume eingebaut, bevor das Haus als Flüchtlingsunterkunft öffnete. Betrieben wird es seitdem von der Professionellen Wohn- und Betreuungsgesellschaft (PeWoBe). Obwohl diese das Heim nach Wunsch des Senats bereits längst an einen anderen Betreiber hätte abgeben sollen. Nun haben sich die elf Mitarbeiter in einem Brief an die Sozialverwaltung gewandt, der »nd« vorliegt: Im November haben sie den Angaben zufolge ihr Gehalt nicht bekommen.
Neun Flüchtlingsunterkünfte betrieb die PeWoBe noch im August. Dann erhob erst die Initiative Hellersdorf hilft Vorwürfe über Personalmangel und »unhaltbare Zustände« im Heim in der Maxi-Wander-Straße, dann wurde eine E-Mail-Korrespondenz führender PeWoBe-Mitarbeiter mit fremdenfeindlicher Lesart öffentlich. Unter anderem hatten sie über die Anschaffung einer Kinder-Guillotine fabuliert und behauptet, dass ein neuer Spielplatz unsinnig sei, da die Bewohner diesen als Toilette nutzen würden.
Der Senat kündigte daraufhin allen PeWoBe-Heimen am 15. August sowohl fristlos als auch hilfsweise fristgerecht. Zügig wurde die Gemeinschaftsunterkunft in der Hellersdorfer Maxie-Wander-Straße - zunächst übergangsweise - von der Prisod übernommen. Dann folgte die Übergabe der Notunterkunft in der Wassersportallee in Pankow an Apardo. Mitte Oktober übernahm das DRK Schöneberg-Wilmersdorf die Gemeinschaftsunterkunft in der Rognitzstraße.
Die Notunterkunft in der Bornitzstraße in Lichtenberg sollte die PeWoBe Anfang Oktober an die Volkssolidarität abgeben. Der Termin wurde allerdings mehrmals kurzfristig verschoben, die Gründe sind der Volkssolidarität einer Sprecherin zufolge nicht bekannt.
Die will auch der Sprecher des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten nicht nennen. »Wir befinden uns noch in Verhandlungen mit der PeWoBe«, sagt Sascha Langenbach dem »nd«. Zum Inhalt der Gespräche könne er keine näheren Angaben machen. Auch PeWoBe-Geschäftsführer Helmuth Penz will sich zum aktuellen Stand der Verhandlungen nicht äußern. Den Vorwurf ausstehender Gehaltszahlungen weist er zurück: »Es ist alles bezahlt.« Wann das Geld überwiesen worden sein soll, das nach Angaben der Angestellten bis Mittwoch nicht auf ihrem Konto angekommen war, womit die PeWoBe mehr als eine Woche im Verzug wäre, wisse er nicht.
Die Mitarbeiter hatten sich bereits im August, kurz nach Bekanntwerden des E-Mail-Verkehrs, mit einem »nd« vorliegenden Brief an den damaligen Sozialsenator Mario Czaja (CDU) gewandt und sich darin »von dem rechtem Gedankengut, welches durch die Führungsebene der PeWoBe geäußert wurde«, distanziert. Nach dem ersten Brief sei die Kollegin, die ihn in Form einer Mail verschickt hatte, in ein anderes PeWoBe-Heim versetzt worden, das kurz darauf an einen anderen Betreiber abgegeben wurde. »Wir gehen von Absicht aus«, sagen mehrere Unterzeichner dem »nd«, die nicht einzeln genannt werden wollten.
»Seit August rechnen wir jeden Tag damit, dass das Heim geschlossen wird«, sagen sie dem »nd«. Für die Mitarbeiter, aber auch die Bewohner und die Ehrenamtlichen sei es psychisch sehr belastend, dass die Geschäftsführung keine eindeutige Aussage darüber mache, ob und wann das Heim geschlossen oder an einen anderen Betreiber übergeben werde. Das aber fordern die Mitarbeiter. »Wir wollen ein schnelles Ende«, sagen sie. Auch eine Gruppe von Ehrenamtlichen, die sich in der Bühringstraße engagieren, fordert Transparenz von der PeWoBe. »Die Verunsicherung über die Zukunft macht sich bei allen bemerkbar«, heißt es in einer Stellungnahme.
Im September waren die Geschäftsräume der PeWoBe durchsucht worden. Grund war laut Staatsanwaltschaft der Verdacht, dass betrügerische Leistungen beim Betrieb von Flüchtlingsunterkünften abgerechnet worden seien.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.