Rebellen verkünden neue Waffenruhe für syrische Stadt Aleppo

Militärvertreter: Einigung über Abzug von Rebellenkämpfern aus Aleppo erzielt

  • Lesedauer: 5 Min.

Update 8.00 Uhr: Militärvertreter: Einigung über Abzug von Rebellenkämpfern aus Aleppo erzielt
In Syrien ist nach Angaben eines ranghohen Militärvertreters eine Einigung über den Abzug von Rebellenkämpfern aus Aleppo erzielt worden. Der Vertreter sagte der Nachrichtenagentur AFP am Donnerstag, die Vorbereitungen dafür liefen bereits. Er machte keine Angaben zu Zivilisten, die den Aufständischen zufolge ebenfalls ab Donnerstagmorgen die Stadt verlassen sollten.

Rebellen verkünden neue Waffenruhe für Aleppo - Regierungsnahe Quelle dementiert neue Übereinkunft

Aleppo. Einen Tag nach dem Scheitern einer Waffenruhe in der umkämpften syrischen Stadt Aleppo haben Rebellengruppen erneut Hoffnungen geschürt: Vertreter der Gruppen Nureddin al-Sinki und Ahrar al-Scham sagten der Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch, nach Verhandlungen zwischen Russland und dem türkischen Roten Halbmond sei eine Waffenruhe in Kraft getreten. Von Seiten der Regierung wurde dies allerdings dementiert. Die Kämpfe hielten laut Aktivisten an.

Am Donnerstagmorgen werde »die erste Gruppe von Zivilisten und verletzten Menschen« die Stadt verlassen, sagte Jasser al-Jussef von Nureddin al-Sinki. Auch über die Rebellen sei eine Vereinbarung getroffen worden, doch wollte er sich nicht weiter dazu äußern.

Eine der Regierung in Damaskus nahestehende Quelle dementierte die Angaben jedoch. Es gebe keine Einigung, die Verhandlungen liefen noch, hieß es. Die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte erklärte, die Kämpfe dauerten an.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan telefonierte am Abend mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin, um den vereinbarten Abzug von Zivilisten und Rebellen aus Aleppo doch noch zu ermöglichen. Beide Präsidenten hätten betont, dass die vereinbarte Waffenruhe umgesetzt und Verstöße dagegen gestoppt werden müssten, verlautete aus Erdogans Umfeld. Sie seien zudem einig, dass die Evakuierung von Zivilisten und Rebellen über sichere Fluchtkorridore »so bald wie möglich« beginnen müsse.

In den vergangenen Tagen war es den syrischen Regierungstruppen mit Unterstützung der russischen Luftwaffe sowie schiitischer Milizen unter anderem aus dem Iran gelungen, den seit 2012 von den Rebellen gehaltenen Ostteil Aleppos fast vollständig zurückzuerobern. Dort leben noch zehntausende Menschen.

Am Dienstag hatte Russland ein Ende der Kampfhandlungen verkündet, am Mittwoch flammten die Kämpfe in der zweitgrößten Stadt Syriens aber wieder auf. Auch eine Vereinbarung zum Abzug von Zivilisten und Aufständischen, die am Dienstag von Rebellengruppen verkündet und von Russland und der Türkei bestätigt worden war, scheiterte zunächst.

Kipping: UN haben Assad Freibrief für Massaker ausgestellt

Unterdessen demonstrierten in Kopenhagen fast 7000 Menschen gegen das Bombardement Aleppos. In Istanbul kamen mehr als tausend Menschen vor dem iranischen Konsulat zusammen. In Kuwait versammelten sich rund 2000 Menschen vor der russischen Botschaft. In Paris demonstrierten mehrere hundert Menschen. Dort wurde die Beleuchtung des Eiffelturms abgeschaltet - als Protest gegen die »unerträgliche« Lage der Zivilisten in Aleppo, erklärte Bürgermeisterin Anne Hidalgo.

Am Mittwoch kritisierte die LINKE-Vorsitzende Katja Kipping die mediale Berichterstattung über die Kämpfe: »Die Einnahme von Ost-Aleppo wird nun vor allem als ein militärischer Sieg der syrischen Armee über die islamistischen Terrorgruppen dargestellt. Das konkrete Vorgehen von Assads Armee und seinen zahlreichen Milizen führt aber auch zu humanitären Katastrophen«, schrieb sie auf Facebook. Kipping sieht unsbesondere die UN und den Sicherheitsrat in der Verantwortung. »Der UN-Sicherheitsrat hat eklatant versagt. Das Scheitern aller Waffenstillstandsbemühungen hat dem syrischen Präsidenten Assad de facto einen Freibrief ausgestellt, seine eigenen Städte zu Staub zu bomben und seine Bevölkerung zu massakrieren.« Zumindest jetzt solle die Welt sich mit aller Kraft bemühen, »dass nicht all diejenigen, die die furchtbare Zeit der Belagerung und Bombardierung in den Kellern ihrer zerstörten Häuser überleben konnten, nun verfolgt oder gar abgeschlachtet werden.«

Russland, Türkei und der Iran beraten Ende Dezember in Moskau

Russland, die Türkei und der Iran wollen nach türkischen Angaben in knapp zwei Wochen über eine Lösung des Syrien-Konflikts beraten. Das Treffen werde am 27. Dezember in Moskau stattfinden, sagte Außenminister Mevlut Cavusoglu dem Fernsehsender TGRT Haber. Die Regierung in Ankara bemühe sich schon länger um einen landesweiten Waffenstillstand und den Beginn von Verhandlungen über eine politische Lösung, sagte Cavusoglu.

Die Türkei, Russland und der Iran unterstützen im Syrien-Konflikt entgegengesetzte Seiten: Russland und der Iran sind die wichtigsten Verbündeten von Staatschef Baschar al-Assad und unterstützen die Regierungstruppen auch militärisch. Die Türkei hilft in Syrien dagegen oppositionellen Kräften im Kampf gegen Dschihadisten. Das türkische Militär geht in Syrien zudem gegen kurdische Milizen vor, um deren Vormarsch dort zu stoppen.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker lehnt Sanktionen gegen Russland wegen des Vorgehens im Syrien-Konflikts ab. »Das wird Russland nicht beeindrucken«, sagte er bei der Aufzeichnung der ZDF-Sendung »Was nun, Herr Juncker?«. Solche Forderungen zeugten von »Naivität«. Europa könne letztlich nur versuchen, »mit den Mitteln der Diplomatie Einfluss zu nehmen«.

Juncker wandte sich gegen Kritik, dass Europa im Syrien-Konflikt nicht genug getan habe. »Hätten wir Soldaten hinschicken sollen?«, fragte er. Er glaube nicht, »dass es viele Europäer gibt, die wegen Syrien sterben möchten«. Europa dringe aber »mit allen Mitteln« darauf, dass es »humanitäre Lösungen« für die Zivilbevölkerung gebe. Agenturen/nd

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