Altanschließer pochen auf DDR-Staatshaftung

Zehntausende haben Schadenersatzansprüche unter Berufung auf ein weiterhin geltendes Gesetz gemacht

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 2 Min.

Das Thema Altanschließer könnte sich zur Landtagswahl 2019 immer noch nicht erledigt haben, schätzt der Verband deutscher Grundstücksnutzer (VDGN). Wie VDGN-Präsident Peter Ohm am Donnerstag im Potsdamer Altstadt-Hotel mitteilte, haben wohl Zehntausende Eigentümer von Grundstücken im Land Brandenburg Schadenersatzansprüche geltend gemacht.

Sie haben sich dabei laut Ohm auf das in Brandenburg und Thüringen weiterhin geltende Staatshaftungsgesetz aus DDR-Tagen berufen. Es handelt sich um Hausbesitzer, deren Eigenheime oder Mietshäuser bereits vor 1990 ans Trinkwassernetz und an die Kanalisation angeschlossen waren und die nachträglich teils erhebliche Beiträge zahlen sollten und mussten. Sehr viele haben Widerspruch gegen die Beitragsbescheide eingelegt. Aber als die Widersprüche abgewiesen waren, haben sie das finanzielle Risiko und den Aufwand gescheut, Klage einzureichen.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht entschied, dass die Forderungen nichts rechtens waren, sollen nun aber vielerorts nur diejenigen ihr Geld zurückbekommen, die geklagt haben oder deren Widerspruchsverfahren noch nicht durch war. Die übrigen Bescheide - laut VDGN 90 Prozent von 200 000 - sind bestandskräftig und die Betroffenen sind angeschmiert.

Ein Ausweg scheint das Staatshaftungsgesetz zu sein, dessen Anwendbarkeit auf den vorliegenden Fall jedoch umstritten ist. Am 17. Dezember endet für Altanschließer die Frist, Ansprüche unter Bezug auf die Staatshaftung geltend zu machen. Dabei müsse unter Berufung auf das Gesetz gesagt werden, welches Grundstück, welche Summe und welcher Beitragsbescheid gemeint sei, erläutert Ohm. Wer noch kein solches Schreiben an seinen Wasserverband gesendet hat, könne nun nur noch persönlich hingehen und sich den Eingang mit Stempel bestätigen lassen oder den Umschlag unter Zeugen im Briefkasten des Verbandes einwerfen, sagte Ohm. Rund 9500 Interessenten haben sich ein Musterschreiben des VDGN zusenden lassen. Allein 550 VDGN-Mitglieder wurden im Raum Königs Wusterhausen über den Rechtsanwalt Lutz Schallschmidt aktiv. Es gab auch Musterschreiben der Freien Wähler und anderer Organisationen. Eine Klagewelle rolle an, glaubt Ohm. Es gehe um 300 Millionen Euro.

Gut sieht es aus für Kunden der Wasserzweckverbände, die kulant entschieden haben, die kassierten Beiträge an alle Altanschließer zurückzuzahlen. Zwölf von 40 Verbänden haben das getan. 32 weitere Verbände sind nicht betroffen, weil sie keine Beiträge erheben und sich nur durch die Gebühren für Trinkwasserverbrauch und Abwasseraufbereitung finanzieren, oder weil es in ihrem Wasserverbandsgebiet zufällig keine Altanschließer gibt. Seite 11

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