Unangenehmes Warten auf Beweise

31 russische Biathleten stehen unter Dopingverdacht - ihre Namen bleiben vorerst geheim

  • Nicolas Reimer, Nove Mesto
  • Lesedauer: 3 Min.

Wenn Biathlet Arnd Peiffer in diesen Tagen seinen russischen Kollegen über den Weg läuft, ist er hin und hergerissen. »Ich weiß auch nicht, wie ich mich nun verhalten soll. Es ist ja noch nichts bewiesen«, sagt der frühere Sprintweltmeister - stellt gleichzeitig allerdings fest: »Man hat jetzt schon etwas im Hinterkopf.«

31 Biathleten sowie weitere Skilangläufer gehören zu den dopingverdächtigen Athleten aus Russland, die Ermittler Richard McLaren in seinen Untersuchungen belastet. Dies hatten der Skiweltverband FIS und die Internationale Biathlon-Union (IBU) bestätigt. Auf den russischen Biathleten liegt damit schon wieder ein dunkler Schatten. Der viermalige Olympiasieger und zwölfmalige Weltmeister Emil Hegle Svendsen war nach Bekanntwerden der Zahl geschockt. Der Zeitung »Verdens Gang« sagte der Norweger: »31 Athleten. Das sind verdammt viele. Es ist schlimmer als wir befürchtet haben. Das ist ein schwerer Schlag für den Biathlonsport.«

Im Zuge des bislang letzten großen Dopingfalls war der russische Verband RBU wegen drei Fällen in der Saison 2013/14 zur Höchststrafe von 100 000 Euro verurteilt worden. Damals waren Jekaterina Jurjewa, Irina Starych und Alexander Loginow überführt worden. Wiederholungstäterin Jurjewa wurde für acht Jahre gesperrt, Starych und Loginow für jeweils zwei. Der russische Verband war bereits 2009 wegen Verstößen gegen die Antidoping-Bestimmungen mit einer Strafe von 50 000 Euro belegt worden.

Peiffer, der den McLaren-Bericht zumindest angelesen haben will, sprach nun zwar von »einer Menge Indizien« wie beispielsweise angekratzten Deckeln von Dopingproben. »Es ist aber eben ein juristisches Problem, wenn keine Fakten vorliegen.« Um sich beim Umgang mit der heiklen Thematik ganz sicher zu sein, hat die IBU eine fünfköpfige Expertengruppe gegründet, die sich der Fälle annehmen und den Weltverband beraten soll. Der Bericht der Experten wird der IBU am 22. Dezember vorgelegt, den Russen droht pünktlich vor dem Weihnachtsfest also eine unangenehme Bescherung.

Die IBU könnte dann zügig Sanktionen verhängen. Diese könnten weitreichende Folgen haben, wie etwa den Entzug der Junioren-WM im Februar in Ostrow sowie des Weltcups im März in Tjumen. Die WM 2021, ebenfalls in Tjumen, sei hingegen noch kein Thema. »Das ist ein Fall für den IBU-Kongress im nächsten Jahr«, sagte der norwegische IBU-Präsident Anders Besseberg, der sich schon bei der umstrittenen Wahl des WM-Orts hinter dem Kongress versteckt hatte.

Peiffer forderte unterdessen rasche Aktionen gegen möglicherweise gedopte Athleten - wohl auch, weil dann mit einigen Jahren Verspätung sein olympisches Staffelsilber von Sotschi vergoldet werden könnte. Das DSV-Quartett hatte sich 2014 nur den Russen geschlagen geben müssen. Peiffer meinte allerdings: »In der Staffel in Sotschi haben alle normale Leistungen gezeigt. Da ist keiner, wo ich sage: Das kann ich mir überhaupt nicht erklären.«

Anton Schipulin war damals russischer Schlussläufer. Der heute 29-Jährige landete am Donnerstag beim Sprint von Nove Mesto hinter dem Franzosen Martin Fourcade auf Rang zwei. Einen Generalverdacht gab es nicht. »Als erstes möchte ich die Beweise sehen«, sagte Fourcade. Gerald Hönig, Bundestrainer der deutschen frauen, ergänzte: »Mit einer Vorverurteilung wäre ich ganz vorsichtig.«

Einer, der sich sowohl im Biathlon als auch in Russland bestens auskennt, ist Wolfgang Pichler. Der aktuelle schwedische Trainer war einst für die Russen zuständig. Er bezeichnet die Ereignisse als einen »Angriff auf den Sport. Zur Tagesordnung kann man jetzt nicht mehr übergehen.« SID/nd

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