CSU ignoriert Geldnot der Frauenhäuser
Bayern: Trotz Bedarfs gibt es 2017/18 nicht mehr Mittel
Es ist kein Geheimnis, dass sich bayerische Frauenhäuser seit Jahren in einer prekären Situation befinden. Im vergangenen Mai kam eine Studie im Auftrag des Sozialministeriums zu alarmierenden Ergebnissen, was die Zustände in den Einrichtungen anbelangt: Demnach musste im Jahr 2014 jede zweite Frau abgewiesen werden, weil nicht genügend Plätze zur Verfügung standen. Zudem klagt eine »deutliche Mehrheit« der Frauenhäuser über eine desolate Personalsituation, die sich vorwiegend bei der Arbeit mit den Kindern bemerkbar macht.
Die Forscher empfahlen angesichts dieser kritischen Situation, schnell Modifizierungen bei der »Finanzierung und dem Stellenschlüssel« vorzunehmen. Doch sieben Monate nach der Untersuchung ist ihr Appell offenbar weitgehend folgenlos verhallt. Bei den Haushaltsverhandlungen für 2017/18 ließ die bayerische Staatsregierung jedenfalls die Chance verstreichen, den Frauenhäusern fortan mehr Gelder zur Verfügung zu stellen. Mit ihrer parlamentarischen Mehrheit lehnten die Christsozialen entsprechende Änderungsanträge der Oppositionsparteien SPD, Grüne und Freie Wähler ab, die auf eine umfassende Etaterhöhung für die 40 Frauenhäuser abzielten.
So forderten die Sozialdemokraten eine Verdopplung der bisherigen Mittel von 2 506 900 Euro auf 5 013 800 Euro, um die aktuelle Situation rasch zu verbessern. »Seit Jahren wird in Bayern von den Verantwortlichen der Frauenhäuser die völlig unzureichende Betreuungssituation in den dringend notwendigen Einrichtungen angemahnt«, schreiben die Landtagsabgeordneten der SPD in ihrem Antrag. Deshalb führe kein Weg an einer Erhöhung der finanziellen Unterstützung vorbei, damit die anfallenden Kosten für die Betreuung und Unterbringung finanziert werden können. Denn der Freistaat müsse dafür Sorge tragen, seiner Schutzfunktion gerecht zu werden.
Die Weigerung der CSU stößt bei der Opposition dementsprechend auf Unverständnis. »Das ist ein Armutszeugnis für den reichen Freistaat!«, sagt die SPD-Abgeordnete Simone Strohmayr. Sie ist stellvertretende Vorsitzende der Fraktion und engagiert sich seit Jahren für eine bessere Förderung der Einrichtungen. »Frauen, die mit ihren Kindern vor häuslicher Gewalt fliehen, haben ein Anrecht auf unsere Unterstützung. Jeder Euro mehr ist hier bestens aufgehoben.«
Ähnlich sieht es ihre Kollegin Verena Osgyan, die frauenpolitische Sprecherin der Grünen. Ihre Partei wollte den Etat auf 3 076 600 Euro erhöhen und erkennt »jahrelange Versäumnisse« seitens der Regierung. »Es herrscht offensichtlich ein echter Notstand«, so Osgyan. »Aber die Sozialministerin schafft es nicht, chronisch unterfinanzierte Bereiche mit Mitteln zu versehen und die üppigen Mittel effektiv zu verteilen.« Gerade im Hinblick auf die gravierenden Defizite, die durch die wissenschaftliche Untersuchung aufgedeckt worden sind, sei das umso nötiger.
Für Irritation sorgt in dem Zusammenhang der Einsatz von CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer und Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU), die im Bayerischen Rundfunk Spenden für ein Frauenhaus unterstützt haben. »Es passt einfach nicht zusammen«, sagte die SPD-Politikerin Ruth Müller, »wenn sie bei der Sternstunden-Aktion Spenden für das Frauenhaus in Passau eifrig beklatschen, aber zugleich kein weiteres Geld bereitstellen wollen.«
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