Kuba setzt auf Gentechnik
Ab diesem Frühjahr kommen wohl gentechnisch veränderter Mais und Soja auf die Äcker
Kuba will Gentechnik in größerem Stil auf die Felder bringen. Mitte Dezember hat die Regierung in Havanna angekündigt, dass ab diesem Frühjahr die Aussaat gentechnisch veränderter Pflanzen beginnen soll. »Nach erfolgreichem Abschluss der nötigen Tests bei den zuständigen kubanischen Behörden könnten wir transgenen Mais und Soja ab dem Frühjahr 2017 auf größeren Flächen anpflanzen«, erklärte Mario Estrada, Leiter der Landwirtschaftsabteilung im Zentrum für Gentechnik und Biotechnologie (CIGB) gegenüber der kubanischen Tageszeitung »Granma«.
Kuba hofft, auf diese Weise die Einfuhr von Lebensmitteln zu verringern. Im Jahr 2014 importierte das Land Mais und Soja im Wert von mehr als 500 Millionen US-Dollar. Insgesamt gibt die Karibikinsel jedes Jahr rund zwei Milliarden US-Dollar für Lebensmittelimporte aus. Drei Viertel aller Lebensmittel müssen eingeführt werden - ein hoher Posten im ohnehin klammen Staatshaushalt.
Erst vor wenigen Tagen verkündete Kubas Präsident Raúl Castro in der Nationalversammlung, dass sich das Land in einer Rezession befinde. Das Bruttoinlandsprodukt ist im abgelaufenen Jahr um 0,9 Prozent zurückgegangen. »Es wird wichtig sein, drei entscheidende Prämissen zu erfüllen: Exporte und die damit verbundenen Einnahmen zu garantieren, die importsubstituierende nationale Produktion zu steigern und nicht unbedingt notwendige Ausgaben zu reduzieren«, sagte Castro vor den mehr als 600 Abgeordneten.
Der Umbau der kubanischen Landwirtschaft hin zu einer effizienteren Lebensmittelproduktion bereitet seit Jahren Probleme. Einerseits gilt Kuba als das nachhaltigste Land der Welt, gleichzeitig müssen Lebensmittel im großen Stil importiert werden. Gentechnische Untersuchungen begannen auf Kuba bereits 1996; praktische Versuchsreihen auf kleiner Skala laufen seit 2009. Zuvor hatte Kuba mit einem Gesetz zur biologischen Sicherheit den rechtlichen Rahmen gesetzt.
»Aktuell arbeiten wir an der Gewinnung neuer Linien hybrider, genetisch veränderter Maissorten, die auf kleiner Fläche ein Ertragspotenzial von neun Tonnen pro Hektar zeigen, recht nah an dem von den global führenden Ländern erreichten Produktionsniveau«, so Estrada. Gleichzeitig sei mit gegen Herbizide resistentem Transgen-Soja experimentiert worden.
Während der Anbau gentechnisch veränderter Lebensmittel weltweit Gegenstand von Diskussionen ist, findet auf Kuba eine breitere gesellschaftliche Debatte kaum statt. Das regierungsnahe Onlineportal Cubadebate führte im Juli vergangenen Jahres ein Radiointerview mit zwei kubanischen Experten, die sich klar für die Gentechnik aussprachen. »Selbstverständlich können Probleme auftreten. Es wäre unverantwortlich zu sagen, dass eine Veränderung in der Umwelt nicht zu irgendeinem Problem führen kann, wobei jedoch die wissenschaftlichen und technologischen Fortschritte für sich genommen ein äußerst wichtiges ›Für‹ ausmachen«, sagte Luís Montero Cabrera, leitendes Mitglied der Kubanischen Akademie der Wissenschaften.
Auch Abel Hernández Velázquez, Leiter der Abteilung für Pflanzenbiotechnologie im CIGB, sieht Gentechnik »durchaus positiv«: »Der Kampf gegen die transnationalen Saatgutkonzerne wird häufig mit dem Kampf gegen genveränderte Pflanzen durcheinander gebracht.« Gentechnische Produkte seien seit über 20 Jahren im Gebrauch und deren »Harmlosigkeit« seither von vielen Wissenschaftlern weltweit belegt. Sowohl Cabrera als auch Hernández sprachen sich in der Sendung für Gentechnik als Lösung für die Lebensmittelversorgung aus. »Mit der städtischen Landwirtschaft allein sterben wir nur vor Hunger«, so Cabrera. Und Hernández ergänzt: »Wir stehen vor einem Problem, an dem wir ganz besonders arbeiten und das darin besteht, den Getreideimport nach Kuba zu ersetzen, was für die Ernährung der Kubaner von grundlegender Bedeutung ist.«
Die Frage nach Gentechnik scheint damit auf Kuba vorerst entschieden.
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