Prozess gegen Syrer
IS-Sympathisant soll Ziele in Berlin ausgespäht haben
Vor dem Staatsschutzsenat des Berliner Kammergerichts muss sich von heute an ein terrorverdächtiger Syrer verantworten. Der 19-Jährige soll laut Anklage der Bundesanwaltschaft potenzielle Anschlagsziele in der Hauptstadt ausgekundschaftet haben. Informationen über den Alexanderplatz, das Brandenburger Tor und das Areal um den Reichstag soll er seinen Kontaktmännern bei der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) mitgeteilt haben, heißt es in der Anklage.
Für den Prozess wurden erhöhte Sicherheitsvorkehrungen angeordnet. Besucher werden kontrolliert. Auch Taschen und Rucksäcke sollen nach gefährlichen Gegenständen durchsucht werden, teilte das Gericht mit.
Der Angeklagte sitzt in Untersuchungshaft. Er war im März 2016 in Berlin festgenommen worden. Damals hieß es bei der Bundesanwaltschaft, es lägen keine Anhaltspunkte für konkrete Anschlagspläne oder -vorbereitungen vor.
Der Angeklagte soll sich nach Erkenntnissen der Anklagebehörde Mitte 2013 in Syrien der Terrorvereinigung angeschlossen haben. Ein Imam soll den jungen Mann in dessen Heimatdorf in Syrien für den IS angeworben haben. Bei der Miliz sei er religiös und militärisch ausgebildet worden. Dann habe er bei der Belagerung eines Flughafens etwa ein halbes Jahr lang regelmäßig mit einer Kalaschnikow Wache gestanden. Auch an der Einkesselung einer Großstadt im Osten Syriens soll er über mehrere Monate beteiligt gewesen sein. Dort habe er auch das Camp der IS-Kämpfer als Fahrer mit Lebensmitteln versorgt.
Im August 2015 kam der Syrer laut Angaben nach Deutschland. Er habe weiter intensive Kontakte zum IS gehabt. Nach früheren Angaben des Brandenburger Polizeipräsidiums lebte der Mann bis zu seiner Festnahme als Asylsuchender im Landkreis Potsdam-Mittelmark.
Inzwischen hat der Terror auch Deutschland erreicht. Der mutmaßliche Attentäter Anis Amri soll verantwortlich sein für den Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche am 19. Dezember, bei dem zwölf Menschen starben. Der IS reklamierte den Anschlag für sich. Amri wurde auf seiner Flucht in Italien von Polizisten erschossen.
Davor hatte der Syrer Dschaber al-Bakr für Aufsehen gesorgt. Er wollte Ermittlern zufolge einen Berliner Flughafen angreifen. Er soll sich schon Sprengstoff besorgt haben. Al-Bakr erhängte sich im Oktober kurz nach dem Zugriff in seiner Zelle in der JVA Leipzig.
Im Juni flog eine mutmaßliche IS-Terrorzelle auf, die ein Blutbad in der Düsseldorfer Altstadt geplant haben soll. In Ansbach sprengte sich im Juli ein Syrer auf einem Platz vor einem Musikfestival in die Luft und verletzte 15 Menschen. Knapp eine Woche zuvor war ein 17-Jähriger aus Afghanistan bei Würzburg mit Axt und Messer in einer Regionalbahn auf Fahrgäste losgegangen. dpa/nd
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