Propagandazentrale gegen Terror
SPD-Chef Gabriel will neben Gesetzesverschärfungen kulturellen Kampf führen
»Wir müssen jetzt sagen, was wir tun wollen, und nicht erst große Behördenumstrukturierungen machen«, sagte Gabriel am Dienstag in Goslar in einer Entgegnung auf die neuesten Pläne von Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Parallel war ein Papier öffentlich geworden, in dem Gabriel seine Vorstellungen darlegt. Es gehe nicht um »innere Sicherheit«, heißt es darin, »sondern um innere Freiheit. Sicherheit ist das Unterpfand der Freiheit. Unsicherheit produziert Unfreiheit.«
Zentraler Unterschied zwischen Union und SPD sei, »dass CDU/CSU sich ausschließlich auf Gesetzesverschärfungen konzentrieren«. Doch erst im »Zusammenspiel von Prävention, Stärkung des inneren Zusammenhalts der Gesellschaft und der Arbeit von Polizei, Staatsanwaltschaften und Justiz« entstehe tatsächlich ein höheres Maß an Sicherheit. Gesetzlichen Handlungsbedarf sieht Gabriel bei der Ausweitung der Videoüberwachung und der Verhängung von Abschiebehaft für ausreisepflichtige Gefährder. Die von de Maizière erneut ins Spiel gebrachten »Transitzentren« seien hingegen Scheinlösungen und könnten nicht gegen islamistischen Terror helfen. Alle Täter des Jahres 2016 hätten sich schließlich deutlich nach der Einreise radikalisiert, nicht davor. »Unser Problem besteht also im ›home grown‹ (zu Hause entstandenen - d. Red.) Terrorismus. Der aber ist mit Transitzonen nicht zu bekämpfen.«
Der Kampf gegen den islamistischen Terror dürfe nicht nur mit polizeilichen und nachrichtendienstlichen Mitteln, sondern müsse auch kulturell geführt werden. »Deshalb müssen wir der Propaganda und der Ideologisierung der islamistischen Kommunikationszentralen («Dschihad Valley») endlich etwas entgegensetzen.« Neben gesetzlichen Maßnahmen brauche es eine große deutsche und europäische Initiative zum Aufbau eines »Free Europe Network«, schreibt Gabriel - analog zu dem im Kalten Krieg vom US-Geheimdienst finanzierten »Radio free Europe« »als Propagandazentrale gegen den kommunistischen Osten«.
Ablehnung erfuhren die Pläne des Innenministers nicht nur von der SPD, sondern auch von de Maizières Amtskollegen in den Bundesländern. »Eine derartige Debatte zum jetzigen Zeitpunkt lenkt nur von den eigentlichen Problemen und Herausforderungen zur raschen Bekämpfung des Terrorismus ab«, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Dienstag der dpa in München. Dass die Bundespolizei zusätzliche Aufgaben zu einem Zeitpunkt übernehmen solle, wo sie nach eigenem Bekunden nicht genug Leute habe, um überall in Deutschland die Grenzen wirksam zu kontrollieren, »ist geradezu abwegig«. Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) hält die Vorstellung, eine Mega-Bundesbehörde könne die Probleme lösen, für eine Illusion. Diese mache nur bürokratischer und behäbiger, sagte er der dpa. »Es wäre völlig verkehrt, jetzt den Föderalismus zu zerfleddern.« Und der schleswig-holsteinische Innenminister Stefan Studt (SPD) meinte, gerade in einem föderalen System müssten länderspezifische Unterschiede und Charakteristika berücksichtigt werden. Zentralisierung sei kein »Allheilmittel«. uka mit Agenturen
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