Katholische Kirche bewegt Kabila
Kongos Präsident stimmt in Abkommen mit der Opposition Machtverzicht nach Neuwahlen zu
Ihr gebühren die Vorschusslorbeeren: Der katholischen Bischofskonferenz der Demokratischen Republik Kongo. Sie hat das Abkommen zwischen Präsident Joseph Kabila und der Opposition in ihren Räumlichkeiten in der Hauptstadt Kinshasa vermittelt, das seinen Realitätsgehalt noch unter Beweis stellen muss.
Die Kirche ist seit der belgischen Kolonialzeit neben dem Staat die mächtigste Institution des Landes. An ihrem politischen Einfluss kann in der DR Kongo niemand vorbeiregieren. Bereits in der ersten Demokratiebewegung des Landes in den 1990er Jahren spielte sie eine zentrale Rolle. Ihre moralisch-politische Autorität hat die katholische Bischofskonferenz der starken Abwanderungsbewegung der Gläubigen hin zu den evangelikalen Pfingstkirchen zum Trotz, nun wieder bekräftigt. Obwohl die Meinungen über den Inhalt und die Erfolgschancen unter den Kongolesen stark auseinander klaffen, bekennen Politiker, Zeitungskommentatoren und auch Anrufer in Radiosendungen ihren Stolz darauf, eine Einigung ohne internationale Mediation erreicht zu haben.
Dank der Vermittlung der katholischen Bischofskonferenz begann die DR Kongo das Jahr 2017 mit einem Paukenschlag: Die Regierung von Präsident Joseph Kabila und verschiedene Oppositionsparteien einigten sich auf eine Vereinbarung, die zu einem Ende des politischen Stillstands, legitimen Wahlen und zu einer neuen Regierung führen soll. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass die Unterzeichnung des Abkommen eine neue Runde des Übergangs markiert.
Das in der Silvesternacht unterzeichnete Abkommen zwischen der Regierung und der bisherigen Fundamentalopposition sieht vor, dass Präsident Kabila trotz des nominellen Ablaufs seines Mandats im Dezember 2016 bis zu Neuwahlen im Amt bleiben kann. Im Gegenzug versprachen Kabilas Repräsentanten, dass Präsidentschafts- und Parlamentswahlen auf nationaler und Provinzebene bis Ende 2017 stattfinden sollen, also einige Monate früher als zuletzt geplant worden war. Außerdem sichert die Regierung zu, keine Änderung der Verfassung anzustreben, die eine dritte Amtszeit von Präsident Kabila verbietet. Neben der Freilassung von einigen politischen Gefangenen wird außerdem eine neue Übergangsregierung mit einem von der Opposition nominierten Premierminister gebildet werden. Zudem soll ein spezielles Komitee unter Vorsitz des langjährigen Oppositionsführers Étienne Tshisekedi die Einhaltung des Abkommens überwachen.
Das Abkommen kam nach einer bereits seit zwei Jahren andauernden Krise zustande, deren Ursprung die Verschiebung »aus technischen Gründen« der eigentlich für 2016 geplanten Neuwahlen war. Seit Januar 2015 mobilisiert die Opposition in den großen Städten zu Demonstrationen, die von den Sicherheitskräften jeweils massiv angegriffen werden. Allein bei Protesten vor Weihnachten wurden mehrere Dutzend Menschen schwer verletzt oder getötet. Dutzende andere wurden verhaftet und sind bis heute zum Teil an unbekannte Orte verschleppt worden, wie unter anderem die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch beklagt.
Deren Schicksal gehört zu den vielen ungeklärten Fragen, die nun in Detailverhandlungen geklärt werden müssen. Auch die Zusammensetzung der Übergangsregierung und des Spezialkomitees steht momentan zur Debatte. Das Lager um Präsident Kabila bezeichnete das Abkommen sogar als »unter Vorbehalt« stehend, da nicht alle existierenden Oppositionskräfte mitverhandelt oder unterschrieben hätten und auch die regierungsfreundlichen protestantischen Kirchen nicht involviert waren. »Präsident Kabila braucht jeden. Wir gehen bis zum Grund, bis die ganze Bevölkerung Kongos einbezogen ist.«
Die Regierung setzt mit dieser durchsichtigen Taktik darauf, dass die verschiedenen Oppositionskräfte sich nun um die lukrativsten Posten in der Übergangsregierung streiten und so gegenseitig unterminieren. Bereits im Oktober hatte die Regierung zu diesem Zweck ein Abkommen mit der »gemäßigten« Opposition gebildet und kurz vor Weihnachten eine Übergangsregierung mit diesen Kräften gebildet. Nun muss diese Übergangsregierung wieder aufgelöst und eine neue eingesetzt werden, was absehbar zu weiterem Streit führen wird.
Die politische Klasse in Kongo hat durch das Abkommen vor allem Zeit gewonnen. Nimmt man die Erfahrungen der vergangenen 15 Jahre als Maßstab, die von einer Vielzahl von Verhandlungen um Machtpositionen geprägt waren, wird das Lager um Kabila versuchen, die Wahlen weiter hinauszuzögern, um vielleicht noch einen Weg zu finden, Kabila im Amt zu halten. Die bisherige Opposition, insbesondere die bei Wahlen eher chancenlosen Teile, wird ihren Teil dazu beitragen, solange sie mit politischen Ämtern dafür entschädigt wird.
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