Naruhito 2019 auf dem Thron?
Japans Kaiser Akihito bittet um Abdankungsrecht und Regierung erwägt Gesetzesänderung
Im vergangenen August hatte Kaiser Akihito in einer seltenen Fernsehansprache an das Volk überraschend den Wunsch geäußert, zu Lebzeiten abzudanken. »Ich habe Angst, dass es schwierig für mich werden könnte, meine Pflichten als Symbol des Staates wie gewohnt mit vollem geistigen und körperlichen Einsatz zu erfüllen«, hatte der 83-jährige Tenno in einer zehnminütigen voraufgezeichneten Ansprache erklärt und auf sein hohes Alter und seine fragile Gesundheit angespielt. Als mögliches Datum für die Abdankung hatte er das 30. Jubiläum seiner Thronbesteigung angedeutet.
Der Wunsch abzudanken hatte die Japaner zunächst schockiert. Schließlich sehen die noch aus der Vorkriegsverfassung übernommenen Hofgesetze nicht vor, dass ein Kaiser zu Lebzeiten abdankt. Sollte die Regierung nun die Gesetze entsprechend ändern und Akihito tatsächlich abdanken, wäre dies das erste Mal seit 200 Jahren, dass ein japanischer Kaiser zu Lebzeiten sein Amt niederlegt.
Premier Shinzo Abe will nach Informationen japanischer Medien noch im Januar im Parlament mit der Diskussion über eine einmalige Sonderregelung beginnen, welche es Kaiser Akihito erlauben würde, abzudanken. Grundsätzlich soll das Abdankungsverbot aber bestehen bleiben.
Bis Mai soll dann ein konkreter Gesetzentwurf ausgearbeitet und ins Parlament eingebracht werden, berichtet die »Sankei«-Zeitung unter Berufung auf Regierungskreise. Regierungssprecher Yoshihide Suga dementierte die Berichte jedoch am Mittwoch. »Ich weiß nichts davon«, erklärte Suga in seiner täglichen Pressekonferenz knapp.
Unter den im Parlament vertretenen Parteien herrscht Uneinigkeit darüber, wie mit dem Wunsch des Kaisers nach Abdankung umgegangen werden soll. Während vor allem konservative Politiker die nun vorgebrachte Idee einer einmaligen Sonderregelung für Kaiser Akihito bevorzugen, fordert etwa die Demokratische Partei eine entsprechende Änderung und Modernisierung der Hofgesetze, so dass auch nachfolgende Kaiser - ähnlich wie in europäischen Monarchien - ihr Amt zu Lebzeiten niederlegen können. Einigkeit herrscht lediglich in dem Punkt, dass Akihitos Wunsch nach Abdankung erfüllt werden soll.
Auch in der Bevölkerung herrscht großes Verständnis für den Wunsch des Kaisers. In einer Umfrage der Nachrichtenagentur Kyodo vom letzten Sommer gaben 90 Prozent der Befragten an, der Kaiser müsse zu viel arbeiten. 85 Prozent waren darüber hinaus der Meinung, das Abdankungsverbot solle aufgehoben werden.
Der Vorschlag einer Sonderregelung für Akihito trifft laut einer Umfrage des öffentlich-rechtlichen Senders NHK nur bei 47 Prozent der Bevölkerung auf Zustimmung.
Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs hatten Japans Kaiser gottähnlichen Status. Akihitos Vater Hirohito war nach Kriegsende der erste Tenno in der 1500-jährigen Geschichte des Kaiserhauses, der diesen Status aufgab und zum Symbol des Staates und der Einheit des japanischen Volkes wurde.
Noch immer gibt es in Japan neben dem gregorianischen Kalender eine Zeitrechnung, die sich nach der Amtszeit des Kaisers richtet. 2017 ist in Japan das Jahr Heisei (»Frieden erreichen«) 29. Um der Bevölkerung die Umstellung auf eine neue Zeitrechnung unter einem neuen Kaiser leichter zu machen, gilt der 1. Januar 2019 (Heisei 31) als günstigster Termin.
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