Militärintervention in Gambia ausgesetzt

Letzter Vermittlungsversuch: Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft stellt abgewähltem Präsidenten Jammeh Ultimatum

  • Lesedauer: 3 Min.

Banjul. Letzte Chance für eine friedliche Lösung im Machtkampf um die Präsidentschaft in Gambia: Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) hat am Donnerstag ihre Militärintervention in dem Land ausgesetzt, um einen letzten Vermittlungsversuch zu ermöglichen. Ecowas-Kommissionspräsident Marcel Alain de Souza forderte den abgewählten gambischen Präsidenten Yahya Jammeh ultimativ auf, die Macht abzugeben und das Land zu verlassen. Zuvor hatte der UN-Sicherheitsrat einem militärischen Eingreifen zugestimmt.

Der Präsident Guineas, Alpha Condé, werde bis Freitagmittag (Ortszeit) in Banjul eine politische Lösung für den Machtkampf suchen, sagte de Souza. Sollte Jammeh nicht bis 12.00 Uhr sein Amt räumen und das Land verlassen, würden die Ecowas-Truppen ihre eigentliche Intervention beginnen. »Bis jetzt gab es ein paar Warnschüsse«, sagte de Souza. »Wir fordern ihn auf zu gehen.«

Condé soll zuerst in Mauretanien Präsident Mohamed Ould Abdel Aziz treffen, der am Mittwoch mit Jammeh in Banjul verhandelt hatte. Anschließend will Guineas Staatschef selbst in die gambische Hauptstadt reisen. Der gambische Staatssender GRTS berichteten unterdessen vom Eintreffen einer ranghohen diplomatischen Delegation aus Liberia, Mauretanien, Guinea und von den Vereinten Nationen, die sich um eine »friedliche Lösung« bemühen wolle.

Senegalesische Truppen hatten am Donnerstag die Grenze zu Gambia überschritten, um Jammeh zur Machtübergabe an seinen Nachfolger Adama Barrow zu bewegen. Neben dem Senegal sind an dem »Wiederherstellung der Demokratie« genannten Militäreinsatz vier weitere westafrikanische Länder beteiligt.

An der Grenze Gambias, dessen Staatsgebiet bis auf die Küste komplett von Senegal umschlossen wird, hielten sich auch Soldaten aus Nigeria und Ghana für einen Einmarsch bereit. Die nigerianische Luftwaffe ließ Kampfflugzeuge über Gambia kreisen. Ein AFP-Korrespondent an der Südgrenze berichtete, dass aus grenznahen Dörfern Kampflärm zu hören war.

Parallel zu dem Einmarsch Senegals hatte der UN-Sicherheitsrat grünes Licht für ein Eingreifen der Ecowas gegeben. UN-Generalsekretär Antonio Guterres rief nach Angaben seines Sprechers am Abend den Wahlsieger Barrow an, um ihm die Unterstützung der UNO zuzusichern.

Wenige Stunden vor dem Einmarsch der Senegalesen hatte Wahlsieger Barrow in der gambischen Botschaft in Senegals Hauptstadt Dakar seinen Amtseid als Präsident abgelegt. Er forderte die Streitkräfte seines Landes zur unbedingten »Loyalität« ihm gegenüber als neuem Oberbefehlshaber der Streitkräfte auf.

Gambias Armeechef Badjie folgte dieser Aufforderung offenbar. Er schloss sich in Banjul einer Kundgebung von Barrows Anhängern an, die den Einmarsch der Senegalesen feierten, wie ein AFP-Korrespondent vor Ort berichtete. Zuvor hatte Badjie angekündigt, seine Armee werde sich den afrikanischen Eingreiftruppen nicht entgegenstellen.

Der UN-Sicherheitsrat hatte am Donnerstag die Ecowas zum Eingreifen in Gambia ermächtigt. Für den Einsatz könnten »alle erforderlichen Maßnahmen« herangezogen werden, hieß es in dem Beschluss, dem alle 15 Mitglieder des UN-Gremiums zustimmten.

Der mit harter Hand regierende Jammeh hatte seine Niederlage bei der Präsidentschaftswahl Anfang Dezember zunächst eingestanden. Eine Woche später verlangte er aber plötzlich eine Wiederholung und reichte beim Obersten Gericht eine Klage gegen das Ergebnis ein. Seitdem weigert er sich, seinen Posten zu räumen.

Nichtregierungsorganisationen werfen Jammehs Regierung schwere Menschenrechtsverletzungen vor, darunter willkürliche Inhaftierungen und die Einschüchterung von Journalisten. Agenturen/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.