Schlimme Szenen in Dortmund: Randale schwächt auch RB-Kritiker
Angriffe auf Leipziger Fans vor dem Bundesligaspiel im Westfalenstadion / Polizei ermittelt zudem wegen zahlreicher beleidigender Spruchbänder auf der Südtribüne
Das Aufeinandertreffen zwischen Borussia Dortmund und RB Leipzig (1:0) war auf dem Papier ein Spitzenspiel - und auch auf dem Rasen. Was sich aber außerhalb des Stadions und auch auf den Rängen abspielte, hatte unterirdisches Niveau. Leipziger Fans wurden vor der Partie angegriffen, die Dortmunder Polizei teilte nach dem Spiel mit, dass Gästefans einem »Steine-, Flaschen-, Dosen- und Bierkastenbewurf« ausgesetzt waren. Die Gewalt eines »völlig enthemmten Mobs« hätte sich unterschiedslos gegen alle gerichtet, auch gegen »Kinder, Frauen oder Familien«.
Rund um das Spiel gab es mindesten zehn Verletzte, die Polizei nahm elf »Straftäter aus der Ultraszene« fest, außerdem einen Leipziger Fan. Während des Spiels wurden auf der Südtribüne viele Transparente gezeigt, die sich gegen RB richteten: Neben kreativen wie »Weiter so RB! Schon fast so viele Mitglieder wie das Politbüro der SED« waren es aber viele diffamierende und Gewalt fordernde, zum Beispiel: »Pflastersteine auf die Bullen« oder »Burnout Ralle: Häng dich auf«, was auf die Burnout-Erkrankung des Leipziger Sportdirektors Ralf Rangnick abzielte.
Nach dem Spiel entbrannten die Diskussionen sofort um die Ausschreitungen und die Banner. Die CDU will SPD-Innenminister Ralf Jäger im Düsseldorfer Landtag persönlich zum Polizeieinsatz befragen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière ließ via »Bild« wissen: »Wer Steine und Getränkekisten auf Polizisten schleudert und dabei nicht mal auf Familien und Kinder Rücksicht nimmt, ist in Wahrheit kein Fußballfan und gehört nicht ins Stadion, sondern hinter Schloss und Riegel.« Ein Leipziger Fanklub, die »Bornaer Bullen«, machten in einem Offenen Brief den »Geschäftsführer der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA«, Hans-Joachim Watzke, persönlich für die Angriffe mitverantwortlich: »Sie stehen persönlich zumindest moralisch für Gewalt- und Hassexzesse Ihrer Anhänger gegenüber den RB Leipzig-Fans.« Watzke schüre »öffentlich Hass« auf RB Leipzig, mit seinem »respektlosen Verhalten gegenüber der Führung und Anhängern von RB Leipzig«. Watzke hatte immer wieder öffentlich mit Äußerungen wie »Rasenschach Leipzig« oder »Da wird Fußball gespielt, um eine Getränkedose zu performen« gegen RB gestichelt.
Der Fanverband des derzeitigen Ligazweiten teilte in einer Stellungnahme an den DFB und die DFL mit: »Wir Fans von RB Leipzig sind seit Jahren Einiges gewohnt, aber was in Dortmund los war, war bisher unerreicht!« Ein Sicherheitskonzept sei »zu keiner Zeit zu erkennen« gewesen. Mit Bussen angereiste Besucher seien überfallen, geschlagen und deren Eintrittskarten gestohlen worden.
Borussia Dortmund distanzierte sich bereits am Sonntag »aufs Schärfste von jeder Form von Gewalt« und kündigte »harte Sanktionen im Rahmen der eigenen Möglichkeiten« an. Max Eberl, Sportdirektor von Borussia Mönchengladbach, nächster Auswärtsgegner von RB, mahnte, angesichts der zu erwartenden Proteste auch im Borussia-Park gegen die Geschäftspolitik von RB müsse »der Rahmen des guten Anstands beibehalten werden«.
Die Debatte um jene Geschäftspolitik wird nun aber wieder vom Unterschreiten jedweden Anstands- und Zivilisationsniveaus überlagert. Fanszenenübergreifenden Kampagnen gegen das immer noch kritikwürdige Modell RB Leipzig haben die Dortmunder Ereignisse einen Bärendienst erwiesen. RB-kritische Fans, Funktionäre oder Journalisten müssen sich künftig noch stärker überlegen, wie sie es verhindern können, mit den Dortmunder Randalierern und Geschmacklosigkeiten in Zusammenhang gebracht zu werden.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.