Mietertausch im Bellevue
An diesem Sonntag wird der Nachfolger von Bundespräsident Gauck gewählt
Berlin. Das waren noch Zeiten, als die niederländische Königin Beatrix etwas zu früh am Schloss Bellevue vorfuhr, um mit Bundespräsident Richard von Weizsäcker »lecker Mittag zu essen«, wie sie fröhlich in die Kameras plapperte. Es war aber nur der Humorist Hape Kerkeling, der sich den vielleicht berühmtesten Staatsbesuch 1991 noch ohne Gefahr für Leib und Leben leisten konnte. Heutzutage würde wohl gleich Terroralarm ausgelöst.
Immerhin trifft es sich gut, dass den gerade noch amtierenden Bundespräsidenten Joachim Gauck am Dienstag einer seiner letzten Besuche nach Amsterdam führte, wo er sich mit dem aktuellen Königspaar zum lecker Essen traf. Am Sonntag wird Gaucks Nachfolger gewählt.
Gauck wird mit einer zwiespältigen Bilanz in Erinnerung bleiben. Er erfüllte nicht die von ihm selbst geschürten Erwartungen Rechter und Neurechter, wurde sogar als Volksverräter beschimpft, weil er an die Verbrechen der Deutschen im Zweiten Weltkrieg erinnerte. Er redete oft über Freiheit, aber so gut wie nie über die soziale Frage. Als erster Bundespräsident war er nicht in Moskau; sein allerletzter Besuch gilt stattdessen demonstrativ Lettland.
Gaucks Nachfolger steht praktisch fest: Der SPD-Politiker Frank-Walter Steinmeier wird in der Bundesversammlung die große Mehrheit der Unions- und SPD-Stimmen bekommen und künftig zum lecker Essen im Schloss einladen. Einer seiner Mitbewerber, der Armutsforscher Christoph Butterwegge, setzt soziale Akzente. Der Kandidat der Linkspartei kritisiert seit vielen Jahren hartnäckig und kenntnisreich das Hartz-IV-System. Er will mit seiner Kandidatur für Rot-Rot-Grün im Bund werben und meint im nd-Interview, dass die selbst ernannte Protestpartei AfD »auf der Seite der Mächtigen« steht. wh Seiten 2 und 3
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