Europäische Bürgerinitiative will Glyphosat verbieten lassen

In 13 Ländern werden Unterschriften gegen das Spritzmittel gesammelt / BUND: Chemikalie »maßgeblich« für Artensterben verantwortlich

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 3 Min.

Knapp sieben Monate ist es her, dass die Gegner des heftig umstrittenen Totalherbizids Glyphosat einen Etappensieg erzielten. Statt 15 Jahre – wie ursprünglich geplant – gab es von Seiten der EU-Kommission nur 18 Monate Weiterzulassung und die sind Ende 2017 vorbei.

Viel Zeit bleibt also nicht für die von der Kommission offiziell zugelassene Europäische Bürgerinitiative (EBI), die eine Million Unterschriften in 13 EU-Staaten sammeln will – Start war am Mittwoch parallel in Berlin, Rom, Paris, Barcelona, Madrid und Wien. Damit soll die EU-Kommission aufgefordert werden, Glyphosat zukünftig zu verbieten. In Deutschland wird die Initiative vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), dem Pestizid-Aktions-Netzwerk (PAN) und dem Umweltinstitut München getragen, organisiert wird die Kampagne von den Bürgerplattformen Campact und WeMove.EU. Sie fordern von der EU-Kommission nicht nur ein Verbot des ursprünglich vom US-Konzern Monsanto hergestellten Herbizids, sondern darüber hinaus einen verbindlichen Ausstiegsplan für Pestizide und eine von der Industrie unabhängige wissenschaftliche Bewertung.

Sollte die EBI in sieben EU-Staaten das jeweilige Quorum erreicht werden (in Deutschland sind das rund 75.000 Unterschriften) und insgesamt eine Million Unterstützer zusammenkommen, dann folgt innerhalb von drei Monaten im EU-Parlament eine Anhörung, bei der die EU-Kommission anwesend sein muss.

Ebenfalls bis zum Sommer will die Europäische Chemieagentur ECHA ihre Risikobewertung vorlegen, in der das Krebsrisiko von Glyphosat eingeschätzt werden soll. Danach entscheiden EU-Kommission und Mitgliedstaaten über die weitere Zulassung.

Hintergrund der Entscheidung ist ein Streit zwischen verschiedenen Institutionen, die für die Zulassung das Risiko von Glyphosat bewertet haben. So hatte die Krebsagentur der Weltgesundheitsorganisation das Ackergift 2015 als »wahrscheinlich krebserregend« eingestuft. Das Bundesinstitut für Risikobewertung, das die Analyse für die EU-Kommission vorgenommen hat, kam zu dem Schluss, dass nach »derzeitiger wissenschaftlicher Kenntnis bei bestimmungsgemäßer Anwendung von Glyphosat kein krebserzeugendes Risiko für den Menschen zu erwarten ist«.

Dem widerspricht der Toxikologe Peter Clausing: »Harte Fakten sprechen dafür, Glyphosat als krebserregend einzustufen.« Die Gegenargumente der Behörden stehen für ihn »auf tönernen Füßen«. Hinzu komme, dass Glyphosat im Körper nicht gleichmäßig verteilt wird. In bestimmten Organen wie den Nieren seien die Konzentrationen zehn- bis hundertfach höher als im Blut. Clausing hat für PAN International einen Bericht erstellt, der aufzeigt, welche Risiken für Natur, Umwelt und Mensch durch den massenhaften Einsatz bestehen.

Jährlich werden demnach weltweit rund 800 000 Tonnen glyphosathaltiger Spritzmittel hergestellt. In Deutschland kommt Glyphosat auf rund 40 Prozent der Felder zum Einsatz. Allerdings hatten nach der Auseinandersetzung die Mitgliedstaaten den Einsatz des Herbizids für öffentliche Parks eingeschränkt sowie einige Zusatzstoffe verboten.

»Glyphosat tötet alles Grün auf dem Acker und zerstört die Nahrungspflanzen von Schmetterlingen, Bienen und Vögeln. Es ist maßgeblich verantwortlich für das Artensterben in der Agrarlandschaft«, sagt der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. Der Umweltverband will wie die andern Initiatoren in den kommenden Monaten im Internet, aber auch vor Baumärkten und bei Aktionstagen Unterschriften einsammeln.

Die Grünen begrüßten den Start der Initiative. Der Bundestagsabgeordnete Harald Ebner hofft, »dass 2017 den Anfang vom Ende des Glyphosat-Zeitalters markiert« und kritisierte erneut die Bundesregierung, weil Deutschland sich bei der letzten Abstimmung in dem dafür zuständigen Expertengremium in Brüssel enthalten hatte. Hintergrund waren Unstimmigkeiten zwischen Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) und Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU), der eine Verlängerung der Zulassung befürwortete.

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