Symphonie der tausend Handwerker
Für Sachsens Landeshauptstadt ist der 29. April ein besonderes Datum - dann soll der Kulturpalast wieder öffnen
Die »Krone« ist bisher nur in Fragmenten zu bewundern, die zudem verstreut im künftigen Konzertsaal des Dresdner Kulturpalastes zu betrachten sind: ein hölzernes Gestell und komplizierte Steuerteile an dessen Stirnwand, Kisten voller Pfeifen im künftigen Parkett. Es handelt sich um eine Orgel, die von der renommierten Firma Eule aus Bautzen gefertigt wird und deren Einbau begonnen hat. Wenn sie spielbereit ist, werde sie »die Krone des Saals« sein, sagt Frauke Roth, Intendantin der Dresdner Philharmonie. Im September soll sie, nach dem aufwendigen Stimmen der 4000 Pfeifen, erstmals erklingen. Gespielt wird dann an einem Festwochenende unter anderem die »Symphonie der Tausend«: die Achte von Gustav Mahler.
Derzeit aber läuft im Kulturpalast der sächsischen Landeshauptstadt noch ein anderes Stück: die »Symphonie der 1000 Handwerker«, wie Rathaussprecher Kai Schulz formuliert. Das ist zwar übertrieben: Die Zahl der Maurer, Tischler und Installateure, die gleichzeitig in Saal, Foyers und Treppenhäusern werkeln, liegt bei etwa 200. Trotzdem brauche es logistisches Geschick, um den »Ameisenhaufen« der verschiedenen Gewerke zu steuern, sagt Axel Walther, Geschäftsführer der Kommunale Immobilien Dresden GmbH. Er ist aber dennoch sicher, dass die Arbeiten bis zum 29. April abgeschlossen sind. Nach gut dreieinhalb Jahren Sanierung, die knapp 96 Millionen Euro kostete, wird der Kulturpalast dann wieder öffnen.
Das Gebäude, das die Kulturfreunde dann betreten, wird in Teilen sehr vertraut wirken, in mancher Beziehung aber gänzlich neue Eindrücke hinterlassen. Die äußere Gestalt des ursprünglich im Jahr 1969 eingeweihten Baus, der zu den markantesten Wahrzeichen der Nachkriegsmoderne in Dresden gehört, wird sich aufgefrischt, aber ansonsten unverändert präsentieren - von den markanten Metalltüren bis hin zum Wandbild »Der Weg der roten Fahne«. Auch in den Foyers hat man keine Mühe gescheut, um den ursprünglichen Eindruck zu bewahren: Eine markante Gipsdecke und historische Lampen wurden ebenso nachempfunden wie die Treppengeländer, die behutsam an veränderte Vorschriften zur Sicherheit angepasst wurden. Neu wird freilich sein, dass diese Foyers nicht nur während abendlicher Konzerte, sondern auch am Tag belebt sind. Dafür sorgt vor allem der Einzug der Hauptbibliothek mit ihren täglich bis zu 4000 Nutzern. Sie ist bisher in einem Bürokomplex am Rand der Innenstadt untergebracht. Leser können sich nicht nur auf größere und hellere Lesesäle freuen, sondern auch auf einen Blick, der direkt auf den Altmarkt geht. Der Umzug der vielen tausend Bücher soll Mitte März beginnen.
In gänzlich neuer Gestalt wird sich aber vor allem der Konzertsaal präsentieren. Der Eindruck lässt sich bereits jetzt erahnen. Die weiße Decke in filigran-kristallinen Formen hängt schon, die Wände sind zu einem guten Teil mit Paneelen aus Roteiche verkleidet, und auf den Rängen sind die ersten der 1785 Sessel eingebaut.
Der wegen seiner Form so genannte »Weinberg«-Saal wirkt kompakt, überschaubar und verspricht ein exzellentes Klangerlebnis. Ob er seine Kritiker überzeugt, bleibt freilich abzuwarten. Schließlich hatte es vor allem um den Umbau des alten, mit 2400 Plätzen viel größeren Saals erbitterte Kontroversen gegeben. Wolfgang Hänsch, Architekt des Kulturpalastes, war sogar vor Gericht gezogen, weil er sein Urheberrecht verletzt sah. Im November 2012 hatte das Dresdner Oberlandesgericht seine Klage abgewiesen; zehn Monate später verstarb er.
Zumindest die Freunde der klassischen Musik sehen dem Konzertsaal aber mit großen Erwartungen entgegen - und auch der Orgel, deren Einbau von der Stadt ursprünglich nicht geplant war und erst auf Betreiben eines Fördervereins durchgesetzt wurde. Dieser hatte zunächst 1,3 Millionen Euro an Spenden gesammelt und zum Schluss noch einmal 100 000 Euro draufgelegt, um den Einbau von vier weiteren Registern zu finanzieren. Diese seien »die Kronjuwelen« der Orgel, sagt der Vereinschef Lutz Kittelmann - und also gerade angemessen für den neuen Dresdner Palast der Kultur.
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