Uni-Besetzung beendet, Forderungen bleiben
Aktivisten ziehen eine positive Bilanz und wollen sich anderen Protestformen zuwenden / Hochschule besteht auf sofortige Freigabe aller Räume
Die Besetzer des Instituts für Sozialwissenschaften (ISW) der Humboldt-Universität (HU) räumen nach vier Wochen das Feld. »Klar ist: Die Form des Protests muss nun anders werden«, sagt Kristin bei der Donnerstagfrüh in den Institutsräumen einberufenen Pressekonferenz. Die Studentin will, wie die anderen Aktivisten, ihren Nachnamen nicht nennen. Mitstudent Felix zieht eine positive Bilanz: »Wir haben in der Zeit das verwirklicht, was wir unter kritischer Lehre verstehen.« Seit dem ersten Tag der Besetzung habe es ein inhaltliches Programm gegeben – insgesamt 200 Veranstaltungen mit 4000 Besuchern zählten die Aktivisten. Damit seien die universitären »Mauern der Exklusivität eingerissen« worden.
Auch die Rücknahme der angekündigten Entlassung Andrej Holms durch die HU sehen die Besetzer »ganz klar« als ihren Erfolg. Universitätspräsidentin Sabine Kunst hatte diese im Januar wegen falscher Angaben Holms zu seiner nach fünf Monaten abgebrochenen Stasi-Ausbildung in einem Personalfragebogen ausgesprochen und am 9. Februar nach einer Entschuldigung Holms wieder zurückgenommen.
Auch Aktivisten der Stadtgesellschaft bilanzieren positiv. »Wir haben gezeigt, welche Kraft aus politischer Solidarität erwachsen kann«, sagt Armin von »Stadt von unten«. Er betont, dass Druck von unten als Basis die kritische Stadtforschung und Lehre brauche.
Magnus Hengge von »Bizim Kiez« findet es »großartig, wie die Studenten in diesem Raum nicht nur die eigenen Probleme aufgegriffen haben, sondern in die Stadt hineingegangen sind«. Auch zu einer besseren Vernetzung der verschiedenen Initiativen habe die Besetzung beigetragen.
Die Forderungen der Besetzer gehen aber deutlich über die inzwischen erfolgte Rücknahme der Kündigung Holms hinaus. »Die Uni-Präsidentin Sabine Kunst muss sich beim Senat für eine Ausfinanzierung der HU einsetzen«, sagt Studentin Sanna. Auch soll es an der Hochschule keine prekäre Beschäftigung mehr geben, Studierenden mehr Einfluss bei der Mitbestimmung bekommen. »Wohnungsleerstand endlich enteignen und den sozialen Wohnungsbau rekommunalisieren«, lautet eine der stadtpolitischen Forderungen.
Letztlich ist die Besetzung immer noch nicht ganz vorbei. Die Studierenden werden einen Erdgeschossraum des ISW nicht räumen. Er soll weiterhin für die »Uni von unten«genutzt werden. »Wir wollen weiterkämpfen, nicht nur heute und morgen, sondern auch in zehn Jahren«, sagt Sanna.
»Es war höchste Zeit, dass die Besetzung beendet wurde«, sagt HU-Sprecher Hans-Christoph Keller auf nd-Anfrage. Die dauerhafte Nutzung eines Raums werden Universitäts-, Fakultäts- und Institutsleitung »nicht dulden«, da der Raum damit nicht dem Institut zur Verfügung stehe. »Die Studierenden wurden aufgefordert, den Raum heute freizugeben«, so Keller.
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