Keine Einflussnahme auf Städte
Bundesregierung bekräftigt Kritik an Ankara
Berlin. Die Bundesregierung hat die türkische Kritik an der Absage von zwei Auftritten türkischer Minister in Deutschland zurückgewiesen. Die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer verwies dabei am Freitag in Berlin auf die föderale Struktur der Bundesrepublik: Die Bundesregierung habe die Entscheidungen der zuständigen Behörden in Gaggenau und Köln zur Kenntnis genommen, respektiere sie, habe sie aber nicht zu kommentieren. Auch das Innenministerium betonte, dass der Bund bei diesen versammlungsrechtlichen Fragen »keinerlei Zuständigkeit« habe. Zu einem möglichen Wahlkampfauftritt des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Deutschland sagte Demmer, dass »nach wie vor« keine entsprechende Anfrage aus Ankara vorliege.
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) wandte sich mit einem Brief an seinen türkischen Amtskollegen Bekir Bozdag. In dem Schreiben, aus dem das Nachrichtenmagazin »Der Spiegel« zitiert, warnte Maas die Türkei vor einem Abbau von Rechtsstaatlichkeit. Er kritisierte zudem die Inhaftierung des Journalisten Deniz Yücel und forderte seine Freilassung. Das Bundesjustizministerium bestätigte am Freitag das Schreiben, nahm aber zu den Inhalten keine Stellung.
Maas plädierte für einen offenen Dialog zwischen Deutschland und der Türkei. Er sei in »großer Sorge um die deutsch-türkische Freundschaft«, zitiert das Magazin aus dem Brief. Der deutsche Minister rief die türkische Regierung auf, den Umgang mit Grundrechten und die Verhaftungen von Journalisten, Richtern und Anwälten zu überdenken.
Auch Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) bemühte sich um Kontakt in die Türkei. Es werde derzeit versucht, ein Gespräch Gabriels mit seinem türkischen Kollegen Mevlüt Cavusoglu zu organisieren, sagte Außenamtssprecher Martin Schäfer am Freitagvormittag in Berlin. Mit Erfolg: Am Nachmittag meldete die türkische staatliche Nachrichtenagentur Anadolu, der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu komme nächste Woche mit Gabriel zusammen. Das Treffen sei in Deutschland für den 8. März geplant. Cavusoglu hatte Deutschland kurz zuvor im Streit um Wahlkampfauftritte türkischer Regierungsvertreter vor Konsequenzen gewarnt. »So kann es nicht weitergehen«, erklärte er. »Wenn Sie mit uns arbeiten wollen, müssen Sie lernen, wie Sie sich uns gegenüber zu verhalten haben.« Die Türkei werde die Behandlung ansonsten »ohne Zögern mit allen Mitteln« erwidern. »Dann müssen Sie an die Folgen denken.« Welche Folgen das sein könnten, sagte er nicht.
Der deutsche Botschafter in Ankara, Martin Erdmann, war am Donnerstag nach der Absage eines Auftritts des türkischen Justizministers im baden-württembergischen Gaggenau ins türkische Außenministerium zitiert worden. Außenamts-Sprecher Martin Schäfer sagte, das Gespräch sei »ernst, aber freundlich« verlaufen. Erdmann habe der türkischen Seite erklärt, dass die Bundesregierung keinen Einfluss auf die Entscheidung der kommunalen Behörden genommen habe und auch keinen Einfluss hätte nehmen können. Agenturen/nd
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