Hitze kann tödlich sein

Wetterdienst will früher vor Extremwetter warnen

  • Susanne Schwarz
  • Lesedauer: 3 Min.

Hitzeschlag, Sonnenstich, Kollaps: Zu hohe Temperaturen können der Gesundheit in die Quere kommen. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) will deshalb sein Hitzewarnsystem ändern - und künftig schon Warnungen spezifisch für ältere Menschen herausgeben, wenn der durchschnittliche Bürger vielleicht noch nicht betroffen ist. Zudem soll auch, wenn es für alle zu heiß wird, noch einmal darauf hingewiesen werden, dass ältere Menschen besonders darunter leiden. Mit den Informationen will sich der Wetterdienst neben den Medien direkt an Pflegedienste und Ärzte wenden.

Das ist auch eine Anpassung an den Klimawandel in Deutschland. Durch die Erderwärmung werden die Hitzetage, an denen die Thermometer die Dreißig-Grad-Marke knacken, statistisch gesehen häufiger. Im schlimmsten Fall - wenn die Regierungen der Welt nicht für genug Klimaschutz sorgen - könnte sich ihre Zahl bis zum Ende des Jahrhunderts vervierfachen. Zurzeit kommen eher warme Regionen in Deutschland auf zehn bis 15 Hitzetage. »Ein Hitzewarnsystem kann durch die rechtzeitige Warnung der Bevölkerung, die gezielte Einbindung des Gesundheitswesens und vertiefte Nachbarschaftshilfe dazu beitragen, die negativen Folgen des Klimawandels abzumildern und Leben zu retten«, sagte DWD-Vize Paul Becker am Dienstag in Berlin.

Bisher wird mit dem sogenannten Klima-Michel-Modell die gefühlte Temperatur berechnet. Die ergibt sich nicht nur aus der realen Temperatur, sondern aus deren Zusammenspiel mit der Luftfeuchtigkeit, dem Wind und der Sonneneinstrahlung. Steigt sie auf 32 Grad, gibt der Wetterdienst eine Warnung über »starke Wärmebelastung« heraus. Daran wird sich nichts ändern, nur ein kleines Problem wird gelöst. Der computersimulierte »Michel«, dessen Körperfunktionen zur Berechnung der gefühlten Temperatur dienen, ist seit den 1970ern ein 35-jähriger Mann. Zwischen einem »Michel« oder einer »Michaela« ergibt sich Becker zufolge kein allzu großer Unterschied, wie man getestet habe. Zwischen dem jungen Mann und dem Rentner »Michel« aber sehr wohl.

Warum das so ist, kann Geriatrie-Expertin Calvin Hirsch von der University of California erklären. Im Alter lasse beispielsweise das Herz-Kreislauf-System nach, der Körper könne seine Temperatur zudem immer schlechter durch Schwitzen selbst regulieren, erklärt sie. Hinzu komme, dass ältere Menschen häufiger an Erkrankungen leiden, die das begünstigen. »Eine alte Person mag sich vielleicht sogar gar nicht bewusst sein, dass sie durstig ist oder dass ihr zu warm ist, besonders wenn sie an Demenz leidet oder auch an Diabetes, was die Sinneswahrnehmung beeinflusst«, so Hirsch. »Auch manche Medikamente können die Wahrnehmung schwächen, etwa Beruhigungspillen, oder natürlich Alkohol.«

Die Empfehlungen des DWD drehen sich deshalb auch, aber nicht nur, um physische Fragen. »Gehen Sie aus der Sonne in den Schatten, trinken Sie genug, achten Sie auf Ihre Mitmenschen«, so Becker. Die »alte Nachbarschaftshilfe« müsse wieder verstärkt werden, gerade für Alleinlebende könne das entscheidend sein. »Das klingt banal, aber wenn Sie das nicht machen, kann es Sie umbringen.«

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -