Sellerings Frau hat Job im Rechnungshof

Ministerpräsident freut sich über erfolgreiche Bewerbung - Schweriner Linksfraktion sieht Einstellung kritisch

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Die aufmerksamen Augen des Landesrechnungshofes in Mecklenburg-Vorpommern schauen in unzählige Zimmer hinein, in denen Steuergelder ausgegeben werden, so auch in die Staatskanzlei, den Dienstsitz von Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD). Wie alle Landesbehörden, so muss auch jene Regierungszentrale dann und wann von den Geldwächtern Kritik einstecken. So geschehen etwa 2015, als die Prüfer monierten: Im Haushalt der Kanzlei sei nicht klar erkennbar gewesen, wie teuer der »Mecklenburg-Vorpommern-Tag« war. Die wachsame Instanz, die so etwas entdeckt, bekommt nun personellen Zuwachs: Erwin Sellerings Ehefrau Britta.

Am 1. April beginnt sie ihren Dienst beim Landesrechnungshof. »Ist das ein Aprilscherz?«, wollte ein Medienvertreter wissen, als die Präsidentin der Behörde, Martina Johannsen, über die Personalie informierte. Nein, ist es nicht. Zu den Kontrolleuren zählt vom kommenden Monat an also die Gattin eines der in puncto Staatsfinanzen zu Kontrollierenden.

Der Weg Britta Sellerings in den Landesrechnungshof begann damit, dass jene oberste Landesbehörde eine fachlich qualifizierte Frau oder einen ebenso kompetenten Mann für den Bereich »Bund-Länder-Finanzbeziehungen« suchte. Auch in punkto »kommunaler Finanzausgleich« sollte sich die oder der künftig Beschäftigte auskennen. Im Haushalt der Finanzwächter war eine solche Stelle jedoch nicht vorgesehen, und so suchten sie bei anderen Behörden nach einer geeigneten Kraft, die von dort vorübergehend nach Schwerin abgeordnet werden konnte.

Die Suche war erfolgreich, zwei Bewerber kamen dann in die engere Wahl: Britta Sellering und ein Mann, der aber nicht, wie gefordert, in Mecklenburg-Vorpommerns Landeshauptstadt Schwerin arbeiten, sondern seine Aufgaben von zuhause via Computer machen wollte. Blieb die Gemahlin des Regierungschefs. Die Volkswirtin, bislang im Bundesfinanzministerium in Berlin tätig, arbeitet nun zwei Jahre lang im Landesrechnungshof.

Alles korrekt, aber für manche und manchen hat das Ganze wohl doch einen unangenehmen Beigeschmack, so auch für die Vorsitzende der Linksfraktion im Schweriner Landtag, Simone Oldenburg. »Der Rechnungshof muss komplett unabhängig die Landesregierung kontrollieren - insbesondere Herrn Sellering«, betonte die Politikerin gegenüber »nd«. Sie könne nur hoffen, dass sich aus der Beschäftigung Britta Sellerings kein Interessenkonflikt entwickelt. »Die Unabhängigkeit muss gewahrt bleiben, deshalb sind wir für eine strikte Trennung von Kabinetts- und Küchentisch«, unterstrich die Fraktionschefin.

Erwartungsgemäß positiv betrachten Erwin Sellerings Genossen die Sache. Die Personalie sei ein Beleg dafür, dass die Sozialdemokraten ein überholtes Frauenbild überwunden haben, so zitiert der NDR den Vorsitzenden der SPD-Landtagsfraktion, Thomas Krüger. Britta Sellering dürfe sich auf jede Stelle bewerben, die sie interessiert, und diese Position könne man ihr auch nicht wegen der Ehe mit dem Ministerpräsidenten verweigern, meint der Abgeordnete. Vom Koalitionspartner CDU gibt es keinen Kommentar.

Den gab es wohl aber von Erwin Sellering selbst: »Wir freuen uns, dass die Bewerbung erfolgreich war. Denn das erleichtert für uns selbstverständlich die Vereinbarkeit von Familie und Berufsleben.« Er halte es für abwegig, die Unabhängigkeit des Landesrechnungshofs in Zweifel zu ziehen, unterstreicht der Regierungschef.

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