Israel baut Siedlung
Internationale Gemeinschaft verurteilt Entscheidung
Aus palästinensischer Sicht ist es ein doppelter Affront: Nicht nur will eine israelische Regierung zum ersten Mal seit 1992 eine komplett neue Siedlung bauen. Die Ortschaft soll zudem außerhalb der palästinensischen Verwaltungshauptstadt Ramallah entstehen. An diesem Standort würde sie die ohnehin schon ausgeprägte Teilung der palästinensischen Gebiete weiter verschärfen, und die Gründung eines überlebensfähigen unabhängigen palästinensischen Staates weiter erschweren.
Die Entscheidung sei ein »wichtiger Schritt«, um die palästinensische Unabhängigkeit zu verhindern, so der Jescha-Rat, eine einflussreiche Lobbyorganisation der Siedlerbewegung, in einer Stellungnahme. Erst vor wenigen Wochen noch hatte man dort eine Niederlage einstecken müssen, als die Regierung nach langem Rechtsstreit auf Geheiß des Obersten Gerichtshofes den ohne Genehmigung gebauten Außenposten Amona hatte räumen lassen müssen; nun sieht man sich auf Gewinnerkurs: Die USA haben gerade mit David Friedman einen Botschafter ernannt, der israelischen Rechtsextremen nahe steht. Israels Parlament verabschiedete zudem nach der Amona-Räumung ein Gesetz, das die anderen gut 100 ungenehmigten Außenposten legalisieren soll.
Und mit der Baugenehmigung für die neue Siedlung gab Regierungschef Benjamin Netanjahu gleichzeitig bekannt, dass er sich mit US-Präsident Donald Trump auf »Richtlinien« für den künftigen Siedlungsbau geeinigt habe: Ungenehmigte Siedlungsbauten sollen künftig unterbunden, bestehende Siedlungen »im Regelfall« nicht ausgeweitet werden. Aber: Stattdessen soll massiv innerhalb der existierenden Siedlungen gebaut werden; ist der Platz ausgeschöpft, sollen die Siedlungsgrenzen erweitert werden.
Die palästinensische Regierung kritisiert dies als »endgültige Absage an den Friedensprozess«. Doch das Weiße Haus sieht das anders: Ein Friedensschluss sei möglich, die Zeit dafür sei reif, sagte Jason Greenblatt, außenpolitischer Berater Donald Trumps am Donnerstag.
Mehrmals war er in den vergangenen Wochen in der Region unterwegs, traf sich mit Netanjahu und Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas. In den israelischen Ankündigungen sieht er die Bestätigung, dass Trumps Aufforderung bei einem Treffen mit Netanjahu Mitte Februar, Israel möge sich beim Siedlungsbau zurückhalten, gewirkt habe.
Der Rest der internationalen Gemeinschaft verurteilte die Entwicklungen indes. Die UNO äußerte sich am Freitag »enttäuscht und alarmiert« über die Entscheidung des israelischen Sicherheitskabinetts. Eine geeinigte Strategie gibt es jedoch nach wie vor nicht. Stattdessen setzen Palästinenser, ausländische Diplomaten und Menschenrechtsorganisation einmal mehr ihre Hoffnungen in Anwälte und Richter, die in den kommenden Monaten das Thema Siedlungen vor dem Obersten Gerichtshof ausdiskutieren werden.
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