Jagd auf Homosexuelle in Tschetschenien
Sicherheitskräfte verschleppen mehr als 100 Männer wegen »nicht-traditioneller Orientierung« / Mindestens drei Tote
Berlin. In der russischen Teilrepublik Tschetschenien im Nordkaukasus wurden einem Zeitungsbericht zufolge mehr als 100 Homosexuelle von Polizei und Sicherheitskräften verschleppt, mindestens drei von ihnen sollen getötet worden sein. Die regierungskritische Zeitung »Nowaja Gaseta« bestätigt damit Berichte von Aktivisten und Menschenrechtsorganisationen über brutale Polizeirazzien gegen Homosexuelle aufgrund ihrer »nicht-traditionellen Orientierung«. Offizielle Stellen dementieren die Festnahmen.
Ein Sprecher des tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow weist die Vorwürfe mit dem Argument zurück, dass es in Tschetschenien gar keine Homosexuellen gebe: »Es ist unmöglich, jene zu verfolgen, die es in der Republik gar nicht gibt.« Und selbst wenn es sie gäbe, seien sie kein Problem für die tschetschenischen Sicherheitsbehörden, denn deren »Verwandte würden sie schon an einen Ort geschickt haben, von dem sie nie wiederkehren könnten«.
In der muslimisch geprägten Region werden Homosexuelle schon seit Jahren verfolgt, »aber was jetzt in Tschetschenien passiert, ist beispiellos«, so Igor Kotschetkow vom russischen LGBT-Netzwerk in St. Petersburg der dpa. Die Betroffenen sollen über soziale Netzwerke ausfindig gemacht und dort von Sicherheitskräften getäuscht worden sein. In der LGBTQI-Gemeinschaft geht nun die Angst um, viele löschen jegliche Hinweise auf ihre sexuelle Orientierung, Berichte über Misshandlungen und Verfolgungen Homosexueller machen die Runde.
Der Verband Russischer Schwuler und Lesben forderte die Regierung auf, die Vorwürfe zu untersuchen. Die die für ihre homophoben Äußerungen bekannte tschetschenische Menschenrechtsbeauftragte Cheda Saratowa behauptet, von der Tötung Homosexueller nichts gehört zu haben und ein Ermittlungsgesuch wegen einer solchen Tat grundsätzlich nicht anzunehmen. Dem autoritären Regime in Tschetschenien werden immer wieder schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. mfr mit Agenturen
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