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»Wir werden bunt, laut und fröhlich demonstrieren«
Das breite Bündnis »Grenzenlose Solidarität statt G20« lässt sich seine geplante Demonstration im Juli in Hamburg nicht verbieten
Im Juli wird eine Horde Gewalttäter in Hamburg einfallen. Auf Einladung von Olaf Scholz und Angela Merkel werden lupenreine Autokraten, Menschenrechtsverletzer und Unterdrücker vom Schlage eines Trump, Putin oder Erdogan die Stadt unsicher machen. 19 Staatschefs und die EU werden zum G20-Gipfel nach Hamburg kommen. Und es gibt viele gute Gründe dagegen zu protestieren.
Ein kurzer Blick zurück: Die Ursprünge der G20 liegen in der Asienkrise 1997. Im Zuge der globalen Finanzkrise ab 2007 wurde daraus ein Treffen auf höchster Regierungsebene. Von Beginn an hat die G20 – als Zusammenschluss der reichsten Volkswirtschaften der Welt – ein Ziel vereint: die Krise des Finanzkapitals mit neoliberalen Rezepten abzufedern. Hier wurde die Austeritätspolitik à la Merkel globalisiert, hier wurden Beschlüsse zum weiteren hemmungslosen Wachstum und zu Freihandelsabkommen gefasst. Die G20 stehen für die Umverteilung von unten nach oben, für eine Bankenrettung auf Kosten der Steuerzahler und für die ungebrochene Kontinuität von globaler Ungerechtigkeit.
Dazu kommt, dass die G20 im Kern undemokratisch sind. Die meisten der Regierungschefs mögen zwar in ihren Ländern mehr oder weniger demokratisch gewählt sein, aber sie haben sich selbst ermächtigt, als kleiner erlauchter Kreis der führenden Wirtschaftsnationen Beschlüsse zu fassen, die auch viele andere Länder betreffen. Besonders deutlich wird es dieses Jahr in Hamburg: Ganz oben auf der Agenda steht ein »Compact with Africa« – aber mit Südafrika ist nur ein einziges Land dieses Kontinents in Hamburg vertreten. Es ist ja immer richtig, wenn Regierungen miteinander reden, egal in welchem Format. Aber wenn dort nicht nur geredet wird, sondern auch Beschlüsse gefasst werden, die andere Staaten nachhaltig betreffen, dann geht das nicht. Dafür gibt es nur einen legitimen Ort: die Vereinten Nationen, wo jedes Land eine Stimme hat.
Vielfältiges Protestprogramm
Genug Gründe, um Anfang Juli auf die Straße zu gehen. Und dafür wird es ausgiebig Gelegenheit geben. Schon ein paar Tage vor Beginn des Gipfels wird es am 2. Juli eine »Protestwelle« rund um die Binnenalster geben, mit Bannermeer und Bootsdemonstrationen. Die Woche wird dann voll sein mit verschiedenen Demonstrationen, einem Gegengipfel, einem Aktions- und Blockadetag am 7. Juli und mit dem krönenden Abschluss am 8. Juli eine bundesweite Demonstration, zu der wir 50.000 bis 100.000 TeilnehmerInnen erwarten.
Und die Stadt Hamburg? Sie versucht jetzt tatsächlich, demokratische Grundrechte für die Zeit des Gipfels außer Kraft zu setzen. Die gesamte Innenstadt und ein breiter Korridor bis hoch zum Flughafen soll komplett für Demonstrationen gesperrt werden, teilte uns die Polizei in einem Gespräch am 7. April mit. Diese »Blaue Zone« wurde damit begründet, dass alle Staatsgäste immer einen freien Weg zum Flughafen brauchten, und da die Regierungschefs über verschiedene Hotels in der Innenstadt verteilt sind, müsste die demokratiefreie Zone entsprechend groß sein. Richtig albern wird diese Begründung, wenn man sich ansieht, dass sogar das Heiligengeistfeld in der sogenannten Blauen Zone liegt, und dort gibt es nun wahrlich kein einziges Oberklassehotel in der Nähe. Ganz offenbar geht es hier vor allem darum, das Grundrecht auf Demonstration mit billigen Verwaltungstricks auszuhebeln.
Für uns ist eines klar: Wir lassen uns das Demonstrieren nicht verbieten. Wir wollen und wir werden am 8. Juli in der Innenstadt bunt, laut und fröhlich mit vielen Zehntausend demonstrieren, und wir werden eine gemeinsame Abschlusskundgebung auf dem Heiligengeistfeld haben. Darauf bestehen wir und das werden wir auch durchsetzen, politisch und/oder rechtlich.
Schon jetzt schreibt die Hamburger Presse die Gewalt herbei, aber ich denke, davon sollten wir uns nicht beeindrucken lassen. Die Demonstration am 8. Juli wird durch ein breites Bündnis getragen, und wir alle sind uns einig, dass wir gemeinsam mit Kind und Kegel und guter Laune unseren Protest gegen den G20-Gipfel auf die Straße bringen wollen. Ich hoffe, ihr seid alle dabei!
Jan van Aken ist Abgeordneter der Linksfraktion im Bundestag. Seine wichtigsten Schwerpunkte sind Waffenexporte und Friedenspolitik.
Weitere Beiträge aus unserer nd-Reihe zum G20-Gipfel:
- »Hoffnung entsteht aus Rebellion« von Emily Laquer und Samuel Decker (Interventionistische Linke)
- »Fünf Gründe, in Hamburg gegen die G20 zu protestieren« von Werner Rätz (attac)
- »G20: Fight the Game, not the players« von TOP B3rlin
- »Frieden und Völkerrecht statt globalisierte NATO« von Karl-Heinz Peil (Bundesausschuss Friedensratschlag)
- »G20 fährt die Menschheit mit ›Wachstum‹ an die Wand« von NoG20-Klima-Aktivist*innen
- »Schuldenkrisen rechtzeitig und fair lösen« von Mara Liebal (erlassjahr.de)
- »Sturmgewehre und Sonderknast: Polizei rüstet für G20« von Ermittlungsausschuss Hamburg
- »Eine internationalistische Alternative am Hamburger Hafen« von Elio Di Muccio (Plan C, Birmingham)
- »Fragen der globalen Gesundheit: Abwehr oder Vorsorge?« von Anne Jung (medico international)
- »Gegen die Kriege, die sie führen. Den Frieden organisieren« vom Demokratischen Gesellschaftszentrum der Kurdinnen und Kurden in Deutschland
- »Gegen die kriegsfördernde Politik unserer Regierung« von Andreas Grünwald (Hamburger Forum für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung)
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