Papst bezeichnet Flüchtlingszentren als Konzentrationslager

Das Oberhaupt der katholischen Kirche kritisiert die EU wegen ihres Umgangs mit Menschen auf der Flucht / Auschwitz-Kommitee hält Vergleich für legitim

  • Lesedauer: 2 Min.

Rom. Papst Franziskus hat die Aufnahmezentren für Migranten in Griechenland mit Konzentrationslagern verglichen. Mit Blick auf die sogenannten Hotspots, etwa auf der Insel Lesbos, sagte er am Samstag in Rom: »Viele Flüchtlingslager sind Konzentrationslager - wegen der Menge an Menschen darin.« Seine Worte fielen bei einer Zeremonie zum Gedenken an moderne christliche Märtyrer.

Das Internationale Auschwitz-Komitee (IAK) bezeichnete den Vergleich als legitim. »Ich halte das nicht für empörend«, sagte der Exekutiv-Vizepräsident des Zusammenschlusses von Überlebenden des KZ Auschwitz, Christoph Heubner, am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Papst Franziskus habe es in guter Absicht gesagt. »Er überzeichnet, um Herzen in Bewegung zu bringen. Das ist legitim.«

Heubner sagte, ihn wundere die Aussage nicht, da er frühere Kommentare des Papstes zu der Lage in griechischen Flüchtlingszentren kenne. »Er wird diesen Vergleich sehr bewusst gewählt haben.« Franziskus wolle Europa damit deutlich machen, »auf welchem Punkt der Zeitlinie man angekommen ist«. Es müsse auch bedacht werden, dass es ein südamerikanischer Blick auf Europa sei.

Der Papst stellte den Vergleich zur Nazi-Zeit an, als er von einem muslimischen Flüchtling berichtete, den er zusammen mit dessen drei Kinder 2016 auf Lesbos getroffen hatte. Dessen Ehefrau sei wegen ihres christlichen Glaubens vor den Augen ihres Mannes getötet worden.

Die Lage in den griechischen Registrierzentren - die sogenannten Hotspots auf den Ägäis-Inseln - ist angespannt. Die meisten der knapp 14.000 Flüchtlinge und Migranten dort warten bereits seit vielen Monaten auf die Bearbeitung ihrer Asylanträge. Manche Lager sind heillos überfüllt, etwa der Hotspot auf Samos, wo für 1800 Migranten nur 850 Plätze zur Verfügung stehen.

Immer wieder kommt es in den beengten Verhältnissen zu Auseinandersetzungen von Migranten untereinander oder mit der Polizei. Erst am Wochenende traten auf Lesbos zwölf syrische Flüchtlinge in den Hungerstreik; griechische Medien berichteten, die Betreffenden warteten bereits acht Monate auf einen Asylentscheid.

Hilfsorganisationen kritisieren, dass die Menschen auf Basis des Flüchtlingspaktes der EU mit der Türkei auf den Inseln eingekerkert würden. Die meisten Flüchtlinge wollen weiter nach Mitteleuropa reisen oder wenigstens zum griechischen Festland gelangen. Dort leben aktuell knapp 50.000 Flüchtlinge.

Papst Franziskus rügte auch grundsätzlich die Flüchtlingspolitik der Europäischen Union. Einwanderung sei im Interesse Europas, sagte er. Die Europäer bekämen immer weniger Kinder, schlössen aber zugleich die Türen für Migranten. »Das nennt sich Selbstmord«, sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche. dpa/nd

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