Spekulationsobjekt Dragonerareal

Investor fordert sehr hohen zweistelligen Millionenbetrag für entgangenen Gewinn

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Grätsche gegen die nach langem Tauziehen verhandelte Weitergabe des Kreuzberger Dragonerareals vom Bund an das Land Berlin. Der ursprüngliche Käufer, die Dragonerhöfe GmbH, lässt per Anwalt mitteilen, dass sie bei einer Rückabwicklung des Kaufvertrags Schadenersatz in hohem zweistelligen Millionenbereich geltend machen will.

»Unserer Mandantin werden im Fall der Unmöglichkeit des Vollzugs des Kaufvertrags vom 13. 02. 2015 Gewinnausfallschäden in Höhe eines am oberen Ende liegenden achtstelligen Bereichs entstehen«, heißt es in einem Schreiben, das die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) vor wenigen Tagen erreichte. Dieser Satz steht fast am Ende des Briefs der Anwaltskanzlei Schultz und Seldeneck aus der feinen Charlottenburger Bleibtreustraße. Die vom ursprünglichen Käufer, der Dragonerhöfe GmbH, beauftragten Juristen legen auf vier Seiten dar, dass es nach ihrer Auffassung kein Rücktrittsrecht von dem vor zwei Jahren geschlossenen Vertrag gibt.

Das Schreiben, welches »nd« vorliegt, hat durchaus komische Züge. »Schockiert« sei die Mandantin von der »augenscheinlichen Möglichkeit politischer Einflussnahme bei Grundstücksgeschäften, an denen die Bundesrepublik Deutschland als Vertragspartner beteiligt ist«, heißt es ziemlich am Anfang. Später geht es zur Sache. »Der von Ihnen erklärte Rücktritt war nach jeder so wohlwollenden Betrachtung zu Ihren Gunsten rechtlich nicht möglich und deshalb unwirksam«, lässt Anwalt Jörg Grützmacher die BImA seine Rechtsposition wissen.

»Das ist Quatsch«, gibt die Grünen-Bundestagsabgeordnete Lisa Paus Entwarnung in Bezug auf ein möglicherweise nicht existentes Rücktrittsrecht. »Bundeshaushaltsordnung und BImA-Gesetz sind eindeutig«, so die Haushaltsexpertin. Ohne Zustimmung von Bundestag und Bundesrat seien Verkäufe über 15 Millionen Euro nicht zulässig.

In dem Anwaltsbrief wird der Berliner Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) auch bezichtigt, mit »unwahren und falschen« Behauptungen über die Gesellschafter der Dragonerhöfe GmbH gearbeitet zu haben. Kollatz-Ahnen habe »nach verlässlichen Zeugenaussagen« den Berliner Gesellschafter Arne Piepgras »als ›Strohmann‹ und ›Durchlauferhitzer‹ betitelt«. Den österreichischen Mehrheitsgesellschafter Dr. Walter Ebm »betitelte der Finanzsenator als Geldwäscher, der sein beträchtliches Vermögen mit Geldwäschegeschäften angehäuft habe«, heißt es weiter. Für die Rückabwicklung der Rückabwicklung des Verkaufs des Dragonerareals setzt das Schreiben eine Frist zum 5. Mai. Weder die Kanzlei noch die BImA haben sich bisher auf nd-Anfragen geäußert.

»Der Investor soll endlich mal Ruhe geben und eine Entwicklung des Areals im Sinne des Landes und der Anwohner ermöglichen«, sagt Enrico Schönburg von der Initiative »Stadt von unten«, die sich maßgeblich gegen eine spekulative Verwertung des Geländes am Kreuzberger Mehringdamm engagierte. »Die Vorstellung des Investors, die Stadtgesellschaft könnte nach diesen Schachzügen mit ihm gut zusammenarbeiten, ist absurd«, so Schönburg. Zumal die angedrohten hohen Schadenersatzforderungen für entgangenen Gewinn Bände über die Verwertungsinteressen sprächen.

In Folge der Berichterstattung über den zu besiegelnden Hauptstadtvertrag legte Anwalt Grützmacher einige Tage später noch nach. Man sei beauftragt, das Verhalten des Finanzsenators Kollatz-Ahnen zur Anzeige zu bringen, wird in dem zweiten Schreiben, das »nd« vorliegt, angekündigt. »Wie Sie wissen, ist allein auf Veranlassung des Finanzsenators das Dragonerareal von Berliner Seite aus zum Sanierungsgebiet erklärt worden«, so die Begründung. Alleiniges Ziel der Maßnahme »scheint offensichtlich gewesen zu sein, das Grundstück durch diese Maßnahme zu entwerten und damit dem privaten Investor zu schaden«.

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