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Berlin-Hohenschönhausen: Theorie und Kinderarztpraxis

CDU-Abgeordneter von Hohenschönhausen hofft auf neue Niederlassungen, um Versorgung zu verbessern

  • Leonie Hertig
  • Lesedauer: 3 Min.
Trotz eines Versorgungsgrads von 93 Prozent beklagen Hohenschönhausener einen Mangel an Kinderarztpraxen.
Trotz eines Versorgungsgrads von 93 Prozent beklagen Hohenschönhausener einen Mangel an Kinderarztpraxen.

Danny Freymark, als Direktkandidat der CDU aus Hohenschönhausen ins Berliner Abgeordnetenhaus gewählt, fordert mehr Kinder- und Jugendarztniederlassungen in seinem Ortsteil. Zwar liegt der Versorgungsgrad in Hohenschönhausen laut einer aktuellen Senatsantwort auf eine schriftliche Anfrage des Abgeordneten bei 93 Prozent – von Unterversorgung spricht man erst bei unter 50 Prozent. »Das spiegelt nicht das wider, was ich von Menschen höre«, sagt Freymark jedoch zu »nd«. Schon jetzt meldeten sich Eltern bei dem CDU-Politiker, die lange Wege in Kauf nehmen müssten, um die langen Wartezeiten bei den Kinderarztpraxen in Wohnortnähe zu vermeiden.

Nach Angaben des Senats leben rund 23 000 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren in Hohenschönhausen. Diese werden von zehn Kinder- und Jugendärzten versorgt. Der Versorgungsschlüssel der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) sieht einen Arzt für 2043 Kinder und Jugendliche vor, daraus ergibt sich der Versorgungsgrad von 93 Prozent in Hohenschönhausen.

Dieser Versorgungsschlüssel wurde 1993 in den sogenannten Bedarfsplanungsrichtlinien definiert, sagt Kinderarzt Steffen Lüder zu »nd«. »Seitdem hat sich viel getan.« Lüder hat eine eigene Praxis in Hohenschönhausen. Dort habe er inzwischen mehr Patient*innen und Eltern, die nichtdeutsche Muttersprachler*innen seien – das benötige mehr Zeit, um Informationen verständlich zu vermitteln.

Dazu kämen eine deutlich erhöhte Anzahl an Vorsorgeuntersuchungen, Impfungen, ein Anstieg an psychischen Krankheiten wie Depressionen oder Anorexie und auch Mediensucht. Das zeichne sich auch in der Nachfrage ab. »Es gibt viel mehr Aufgaben«, so Lüder. So wollten etwa Kindergärten eine schriftliche Bestätigung, dass ein Kind mit einem Gipsarm in den Kindergarten kommen dürfe. Oder Schulen verlangten nach dem dritten Krankheitstag ein ärztliches Attest. »Dabei fordert das Land Berlin das gar nicht. Warum können die Eltern die Entschuldigung nicht selbst schreiben?«, fragt Lüder. »Wir machen viel. Wir sind gut. Aber bei vielen Dingen reicht auch gesunder Menschenverstand.«

Als Lüder in Hohenschönhausen anfing, gab es sechs andere Kinderärzte in seinem Kiez. Mittlerweile ist er der Einzige. »Ich habe eine Karte an der Wand mit allen Postleitzahlen von meiner Nachbarschaft.« Er nehme alle Patent*innen auf, die in seinen Kiez fallen, dafür weist er aber Eltern aus anderen Gegenden zurück.

»Es gibt ewig lange Wartezeiten oder man muss zu einem Arzt gehen, bei dem man sich nicht wirklich verstanden und gut aufgehoben fühlt.«

Ulrike Papke Familienzentrum der Randow-Grundschule

Nicht nur beim Kontakt mit Eltern, sondern auch in Gremien sei die kinderärztliche Versorgung ein großes Thema, sagt Ulrike Papke, Mitarbeiterin des Familienzentrums der Randow-Grundschule, zu »nd«. »Die Situation ist katastrophal. Es gibt ewig lange Wartezeiten oder man muss zu einem Arzt gehen, bei dem man sich nicht wirklich verstanden und gut aufgehoben fühlt.«

Das bestätigt auch Judith Träger, Koordinatorin des Familienzentrums des Christlichen Sozialwerks Berlin. Es sei langwierig und schwierig, einen Kinderarzt zu finden. »Die Kinderarzt-Abdeckung ist in unserer Gegend sehr schlecht. Zum Teil sind die Eltern nicht zufrieden mit den aktuellen Ärzten, können aber nicht wechseln, weil sie nirgendwo anders reinkommen«, so Träger zu »nd«.

Der CDU-Abgeordnete Freymark fordert die Sicherstellung der kinderärztlichen Versorgung in Hohenschönhausen. Um diese langfristig zu garantieren, sollten für neue Niederlassungen Prämien zur Verfügung stehen.

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