Südkorea: Linker könnte nächster Präsident werden

Menschenrechtler Moon liegt in Umfragen vorne / Rekord-Wahlbeteiligung erwartet

  • Lesedauer: 2 Min.

Seoul. Zwei Monate nach der Amtsenthebung von Präsidentin Park Geun Hye in Südkorea ist am Dienstag die Abstimmung über den Nachfolger der konservativen Politikerin angelaufen. Die vorgezogene Wahl steht unter dem Eindruck des massiven Korruptionsskandals rund um Park.

Bei der Präsidentschaftswahl wird mit einer hohen Wahlbeteiligung gerechnet. Mehr als 139.000 Wahllokale öffneten am Dienstagmorgen landesweit um 6 Uhr Ortszeit (23.00 Uhr MESZ), vielerorts bildeten sich lange Schlangen. Etwa 42,5 Millionen Wahlberechtigte sind aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Erste Hochrechnungen sollen bereits unmittelbar nach Schließung der Wahllokale um 13.00 Uhr MESZ vorliegen.

In einer letzten Umfrage vor der Wahl lag der Kandidat der linken Demokratischen Partei, Moon Jae In, mit 38 Prozent vorne, gefolgt vom Mitte-Politiker Ahn Cheol Soo mit 20 Prozent. Der Konservative Hong Joon Pyo von der Regierungspartei der von ihrem Amt enthobenen Staatschefin Park Geun Hye kam in der Umfrage auf 16 Prozent.

»Ich spüre den starken Wunsch des Volkes nach einem Regierungswechsel«, sagte der 64-jährige frühere Menschenrechtsanwalt Moon nach seiner Stimmabgabe in einem Wahllokal in der Hauptstadt Seoul. »Wir können das nur Realität werden lassen, wenn wir wählen gehen«, sagte er.

Der neue Präsident soll bereits am Mittwoch ohne die übliche zweimonatige Übergangszeit die Amtsgeschäfte aufnehmen. Die Neuwahlen in Südkorea waren notwendig geworden, nachdem die bisherige Präsidentin Park am 10. März wegen eines Korruptionsskandals durch das Verfassungsgericht ihres Amtes enthoben worden war. Park muss sich in den nächsten Monaten wegen Bestechlichkeit, Machtmissbrauchs und anderer Vorwürfe vor Gericht verantworten. Im Zentrum des Skandals steht ihre Freundin Choi Soon Sil. Diese soll ihre Beziehungen zu Park benutzt haben, um Sponsorengelder von Unternehmen für ihre Organisationen einzutreiben. Beobachter rechnen wegen der Affäre mit einer Abstrafung der konservativen Regierungspartei bei der Wahl.

Ein Wahlsieg Moons könnte eine Kursänderung Seouls sowohl gegenüber Nordkorea als auch den USA zur Folge haben. Moon befürwortet einen Dialog mit Pjöngjang und will eine größere Unabhängigkeit von den USA, die mit zehntausenden in Südkorea stationierten Soldaten zu den engsten Verbündeten des Landes zählen. Kritiker werfen Moon einen zu zurückhaltenden Kurs gegenüber Pjöngjang vor. nd/Agenturen

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