Ermittlungen gegen Flüchtlingshelfer
Rettungsorganisationen verteidigen sich vor italienischem Parlament / Konflikt vor libyscher Küste
Rom. Die Debatte um die Rettungseinsätze zivilgesellschaftlicher Hilfsorganisationen im Mittelmeer reißt nicht ab. Deutsche Initiativen haben sich am Mittwochabend erneut vor dem italienischen Parlament gegen den Vorwurf verteidigt, bei der Bergung von Flüchtlingen im Mittelmeer mit Schleusern zusammenzuarbeiten. Derweil bestätigte ein Staatsanwalt aus Sizilien, dass gegen Mitarbeiter einiger Nichtregierungsorganisationen, die auf hoher See im Einsatz sind, wegen Beihilfe zur illegalen Migration ermittelt wird.
Die Untersuchungen richteten sich aber nicht gegen die NGOs per se, sondern gegen einzelne Personen, sagte Staatsanwalt Ambrogio Cartosio vor dem Verteidigungsausschuss im italienischen Senat. Namen der NGOs, zu denen die Beschuldigten gehören sollen, nannte er nicht. Zivilgesellschaftliche Seenotretter sehen sich seit Wochen mit Anschuldigungen konfrontiert, mit Schleppern zu kooperieren oder von ihnen finanziert zu werden. Mit diesen Äußerungen hatte zuletzt Staatsanwalt Carmelo Zuccaro aus Sizilien für Wirbel gesorgt.
Vor Ort aktive Rettungsorganisationen reagierten empört auf die Verdächtigungen. »Die Lücke, die NGOs aktuell im Mittelmeer füllen müssen, wird immer größer«, erklärte die deutsche Initiative »Jugend rettet«, die ebenfalls vom Verteidigungsausschuss befragt wurde. »Die Rettungsschiffe werden gezwungen, den Großteil der Seenotrettung allein zu tragen.« Von EU-Seite werde keine Unterstützung in dieser dramatischen Situation geleistet. Stattdessen, so die Gruppe, sei man mit »absurden Vorwürfen« konfrontiert.
Bei der Rettung von Flüchtlingen sind derweil die libysche Küstenwache und ein Schiff mit deutschen Helfern im Mittelmeer aneinandergeraten. Ein Sprecher der libyschen Küstenwache warf der Nichtregierungsorganisation »Sea Watch« am Mittwoch vor, mit ihrem Schiff vorsätzlich einen »Einsatz gestört zu haben«. Die Küstenwache habe in libyschen Hoheitsgewässern 350 Migranten von einem Holzboot aufnehmen und nach Libyen zurückbringen wollen, sagte Sprecher Ajub Kassem der Nachrichtenagentur AFP.
Die deutsche Initiative widersprach vehement dieser Sicht. »Ziel der Libyer war es, ein Flüchtlingsboot aus internationalen Gewässern nach Libyen zurückzubringen«, hieß es dazu in einer Erklärung. Dies sei »ganz im Sinne des Aktionsplans der EU, welcher vorsieht, die libysche Marine und Küstenwache für die Migrationsabwehr einzuspannen«.
»Sea Watch« warf der libyschen Küstenwache ein riskantes Manöver vor, mit dem das Rettungsschiff sowie die Flüchtlinge in Gefahr gebracht worden seien. Zum Beweis veröffentlichte die Organisation ein Video, das zeigt, wie ein Militärschiff knapp an einem zivilen Boot vorbeischrammte. 2017 sind nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der UN bereits 1300 Menschen im Mittelmeer ertrunken. nd/Agenturen
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