Sicherheit braucht Experten

Die ungesetzten IT-Stellen

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.

Dass die Bedrohungslage im Cyberraum wächst, erklären verantwortliche Regierungspolitiker jeden Tag. Und sie glänzen mit allerlei neuen Strategien, um die Sicherheit der Bürger zu garantieren. Dabei nutzen sie - reale und erfundene - Horrorszenarien, um neue Gesetze oder zumindest die Verschärfung bestehender Regeln zu erreichen. Es müsse mehr für IT-Sicherheit und Prävention getan werden, so der Tenor. Entsprechend gefragt sind Fachleute. Inzwischen setzte ein regelrechter Expertenklau ein, bei dem Bund, Länder und Kommunen oft nur zweiter Sieger nach Wirtschaftsunternehmen sind.

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, das für den Bereich des Bundesinnenministeriums den Hut in Sachen Cybersicherheit auf hat, sucht derzeit auf seiner Website nur 80 »neue Köpfe«. Auch das Bundeskriminalamt (BKA) stockt die Abteilung zur Internetsicherheit beständig auf. »Im Phänomenbereich Cybercrime ist - wie in kaum einem anderen Deliktsbereich - eine kontinuierlich steigende Kriminalitätsentwicklung zu verzeichnen«, heißt es. Die Bandbreite ist groß. Sie reicht von der Verbreitung von Kinderpornografie über »Phishing« persönlicher Zugangsdaten bis hin zu Netzwerkeinbrüchen und der Verbreitung von Schadsoftware. Weil die Digitalisierung auf Staat, Wirtschaft und Gesellschaft deutliche Auswirkungen hat, rüstet das Verteidigungsministerium mittlerweile auch öffentlichkeitswirksam in diesem Bereich auf. 284 000 Angriffe gegen Computer und Systeme der Bundeswehr hat es angeblich allein in den ersten neun Wochen des Jahres 2017 gegeben. Die deutschen Streitkräfte sind also längst Cyberziel geworden. Und haben selbst Ziele auf der Angriffsliste. Vor ein paar Wochen hat man eine eigene Cyberstreitmacht in Dienst gestellt, die einmal rund 18 000 Angehörige haben soll. Zur Zeit sucht man 1850 IT-Soldaten. Bescheiden beginnt man mit der Ausbildung eigener Experten an der Münchner Bundeswehr-Uni. 80 Absolventen pro Jahr lautet das Ziel.

Ebenfalls in diesem Jahr soll die Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich (ZITiS) eingesetzt werden. 120 neue Stellen in diesem Jahr zu besetzten, gilt schon als Herausforderung. 400 sind das Traumziel.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz, zuständig für die Spionageabwehr jeder Art, hat chronische Nachwuchssorgen im Bereich Cyber. Man hört von bis zu 80 offenen Stellen. Kannibalisierungseffekte setzen ein, man schröpft Landesbehörden, merken Kritiker an und sehen gleiche Tendenzen auch im Verhältnis zwischen dem BKA und den Landeskriminalämtern. Vieles wird mit dem Schlagwort von der notwendigen Zentralisierung begründet. Wie in den staatlichen Bereichen, so gilt auch bei der Industrie: Wer besser bezahlen kann, kommt weiter. Einstiegsgehälter zwischen 40 000 und 50 000 Euro pro Jahr sind nicht nur in Konzernen durchaus real. Berater und Führungskräfte bei Großen Unternehmen kommen auf sechsstellige Gehaltssummen. lässt sich einer Studie der IG Metall entnehmen. Dennoch sind in der deutschen Wirtschaft laut einer Bitkom-Studie aus dem vergangenen Herbst 50 000 Stellen nicht besetzt.

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