Erzbischof, Antisemit, Ehrenbürger

Baden-Württemberg: Drei Städte distanzieren sich vom Kirchenmann Conrad Gröber

  • Holger Reile, Konstanz
  • Lesedauer: 3 Min.

Lange war es still um Conrad Gröber (1872 bis 1948), den umstrittenen früheren Erzbischof von Freiburg. Seitdem aber das Buch »Täter, Helfer, Trittbrettfahrer - NS-Belastete aus Südbaden« von Wolfgang Proske auf dem Markt ist, in dem sich ein größeres Kapitel auch mit Gröbers Verstrickungen mit dem NS-Regime auseinander setzt, nimmt die Diskussion über den Kirchenmann neue Fahrt auf. Vor allem an seinen einstigen Wirkungsstätten Meßkirch, Freiburg und Konstanz. In allen Städten ist Gröber Ehrenbürger und auch Straßen und öffentliche Einrichtungen sind nach ihm benannt. Das könnte sich aber bald ändern.

Bereits am 25. April 1933 begrüßte Conrad Gröber, der im Volksmund auch »brauner Conrad« genannt wird, die Machtergreifung der Nazis: »Wir dürfen und wir können den neuen Staat nicht ablehnen, sondern müssen ihn positiv bejahen«. Ein halbes Jahr später schob er hinterher: »Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, dass ich mich restlos hinter die neue Regierung und das neue Reich stelle.« Während andere es bei Lippenbekenntnissen beließen, bekräftigte Gröber seine Sympathien für den Nationalsozialismus nachdrücklich und trat sogar als förderndes Mitglied der SS bei.

Erst als die Nazis eine Kirchenpolitik betrieben, mit der Gröber nicht einverstanden war, kühlte sein Verhältnis zu ihnen ab. Beispielsweise wandte er sich öffentlich gegen die Ermordung psychisch Kranker und erregte so den Unwillen der Nazis. Das allerdings hinderte ihn nicht daran, grundsätzlich an der NS-Ideologie festzuhalten. Gröbers angebliche Gegnerschaft zum Nationalsozialismus hatte nicht dessen menschenverachtende, rassistische und mörderische Politik zum Grund, vielmehr ging es um den Machterhalt der katholischen Kirche. 1937 gab Gröber das »Handbuch der religiösen Gegenwartsfragen« heraus, in dem zu lesen ist: »Der Bolschewismus ist ein asiatischer Despotismus im Dienste einer Gruppe von Terroristen, angeführt von Juden.«

Die Juden waren für Gröber »Christi Erz- und Todfeinde«, oft sprach er in öffentlichen Auftritten von der »jüdischen Weltherrschaftsgier«. In einem Hirtenbrief ließ er zudem verlauten: »Sie lechzten nach schauerlichem Nervenkitzel und Blut (...) alles Mitgefühl der Juden ist in barbarischer Rohheit erstickt. Die Bestie hat Menschenblut gerochen und will ihren wildbrennenden Durst daran löschen (...).« (Aus dem Amtsblatt für die Diözese Freiburg, Jg. 1941).

Auch den von den Nazis angezettelten Weltkrieg unterstützte er von Anfang an. 1939 wünschte er der Wehrmacht einen »gerechten Endsieg«. Er huldigte mit völkischem Pathos dem Tod im Krieg: Wenn ein Soldat falle, sei das »die letzte Hingabe an das Vaterland und Volk. Soldatentod ist damit ein Opfertod. Opfertod ist Heldentod. Heldentod ist ehrenvollster Tod.«

Bis zu seinem Tode 1948 blieb Gröber ein glühender Antisemit. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs schrieb er am 8. Mai 1945, ungeachtet der Judendeportationen, der Verbrechen in Auschwitz und anderen Vernichtungslagern: »Das Judentum wurde uns in seiner ihm aufgezwungenen Abwehr noch gefährlicher als die größte feindliche Armee.«

In Meßkirch, der Geburtsstadt Gröbers, will man nun, ähnlich wie in Freiburg, eine erklärende Tafel an der nach Gröber benannten Straße anbringen, die auf seine Unterstützung für die Nationalsozialisten hinweist. Außerdem ist eine Fachtagung geplant, die sich mit Gröber beschäftigen soll. In Konstanz geht man einen Schritt weiter: Dort wird die Fraktion der LLK (Linke Liste Konstanz) einen Antrag im Gemeinderat einbringen, der fordert, Conrad Gröber die Ehrenbürgerschaft abzuerkennen.

Schnell reagiert hat der Caritas-Verband im Landkreis Sigmaringen. Aufgrund der aktuellen Diskussion um Gröber, so eine Mitteilung von Anfang Mai, werde man den Neubau des Altenpflegeheims »Conrad-Gröber-Haus« in Meßkirch nicht mehr nach Gröber benennen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.