»Identitäre« vor Justizministerium von AfD-Politiker angeführt

Polizei ermittelt laut Medienbericht gegen das Vorstandsmitglied der Jugendorganisation der Rechtsaußen-Partei Jannik Brämer

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Der Aufmarsch der völkisch-nationalistischen »Identitären Bewegung« vor dem Bundesjustizministerium am Freitag hat offenbar ein juristisches Nachspiel. Wie Zeit online berichtet, habe die Polizei 49 Platzverweise erteilt und ermittele gegen mehrere Personen wegen Verstößen gegen das Sprengstoff- und Versammlungsgesetz sowie gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr.

Im Fokus der Ermittlungen steht offenbar Jannik Brämer. Er ist als Aktivist der rechtsradikalen »Identitären« bekannt, aber auch als AfD-Politiker. Brämer soll laut Zeit online den Lkw gefahren haben, mit dem die rechten Aktivisten Leitern transportierten, um das Gebäude zu besteigen. Rund 50 Menschen hätten sich unangemeldet versammelt, um in das Ministerium zu gelangen, teilte die Polizei mit. Beamte hätten sie jedoch daran gehindert. Nach Polizeiangaben wurde eine Person wegen Verstoßes gegen das Versammlungsrecht festgenommen. Er habe sich als mutmaßlicher Leiter der Veranstaltung zu erkennen gegeben.

Jannik Brämer gehört dem Landesvorstand der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative an und kandidierte im vergangenen Jahr bei der Wahl der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf für die Rechtsaußen-Partei. Er taucht immer wieder bei Aktionen der »Identitären Bewegung« auf. So war er beim Aufmarsch am 17. Juni 2016 als Ordner tätig.

Der Protest der Rechtsradikalen von Freitag richtete sich laut Aussage auf ihrer Facebook-Seite gegen Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD). Der hatte im Bundestag einen Gesetzentwurf gegen Hass und Hetze im Internet eingebracht. Mit dem sogenannten Netzwerkdurchsetzungsgesetz will die Bundesregierung die sozialen Netzwerke zwingen, Hassbotschaften konsequenter zu entfernen.
Die Anhänger der Gruppe verglichen das Ministerium mit der Stasi, skandierten Sprüche wie »Maas muss weg« und hielten ein Transparent mit der Aufschrift »Zensurministerium« hoch. Die Teilnehmer trugen teilweise militärische Uniformen und schwenkten Fahnen von DDR, Bundesrepublik und der »Identitären Bewegung«.

Auf der Gegenseite formierte sich wenige Minuten nach Beginn der Aktion ein spontaner Gegenprotest. »Nazis raus«, »Aufstehen, hinsehen, Nazis im Weg stehn« stand auf Flipchart-Plakaten, die die nach Polizeiangaben rund 20 Gegendemonstranten hochhielten. Auf Videos ist zu sehen, wie Minister Maas an den Identitären vorbei zu den Gegendemonstranten geht und ihnen Wasserflaschen bringt. Maas ist seit längerem eine Feindfigur für die rechte Szene, weil er sich gegen Rechtsextremismus stark macht. In wenigen Tagen erscheint auch ein Buch des Ministers mit dem Titel: »Aufstehen statt wegducken. Eine Strategie gegen Rechts.«

»Identitäre« wollen am 17. Juni wieder in Berlin demonstrieren

Unterdessen verfestigten sich die Befürchtungen, die »Identitäre Bewegung« wolle erneut am 17. Juni in Berlin demonstrieren. Aus einer am Samstag veröffentlichten Antwort der Senatsinnenverwaltung auf eine Anfrage aus der Grünen-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus geht hervor, dass der Polizei für den 17. Juni die Versammlungsanmeldung einer Einzelperson im Namen der »Identitären Bewegung Deutschland« vorliege, heißt es in dem Schreiben von Staatssekretär Torsten Akmann (SPD). Angemeldet seien 1000 Teilnehmer; die Behörden rechneten derzeit mit einer Teilnehmerzahl »im oberen dreistelligen Bereich«.

Für die am 17. Juni um 14 Uhr in Berlin angemeldete Demonstration wird seit Wochen in sozialen Netzwerken mobilisiert. Adressaten sind Aktivisten in ganz Europa. »Die Mobilisierung dürfte insofern international erfolgen«, erklärte Akmann. Agenturen/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.