Niederländer planen deutsche Erfolge

Team Sunweb plant Rundfahrtsiege eines Radprofis aus Deutschland - bis dahin kann es aber noch Jahre dauern

  • Tom Mustroph, St. Ulrich
  • Lesedauer: 4 Min.

Große Dinge hat Team Sunweb vor. In zwei Jahren will der in Deutschland lizenzierte Rennstall stabil um Rundfahrtsiege mitfahren. Mittelfristig wird sogar der Erfolg eines deutschen Fahrers bei der Tour de France angepeilt. Der aktuelle Giro d’Italia mit dem im rosa Führungstrikot fahrenden Kapitän Tom Dumoulin dient dabei als Probelauf. »Für uns als Mannschaft, für unsere Sponsoren und für die deutsche Radsportöffentlichkeit zählen vor allem die großen Rundfahrten. Deshalb wollen wir dort um Siege mitfahren«, hat Teammanager Iwan Spekenbrink am Rande des Giro erläutert.

Um die Ziele zu erreichen, wurde ein zweistufiger Entwicklungsplan entworfen. Der erste Schritt sieht als Protagonisten Fahrer wie den beim Giro bislang herausragend fahrenden Niederländer Tom Dumoulin vor, aber auch seinen Landsmann Wilco Kelderman, der in Italien wegen einer Verletzung aussteigen musste. Das französische Rundfahrttalent Warren Barguil gehört ebenfalls in diese Kategorie. Dumoulin erfüllt mit dem Rosa Trikot schon beim aktuellen Giro die Erwartungen. In der dritten Woche muss er zwar hart kämpfen. Der Olympiazweite im Kampf gegen die Uhr hat aber noch das Einzelzeitfahren am Sonntag in Mailand als Trumpf in der Hinterhand.

Der Niederländer Spekenbrink denkt beim Langzeitprojekt nicht nur an seine aktuellen Kapitäne, sondern auch an einen soliden Teamaufbau. Dazu verpflichtete er nicht nur starke Männer für die Berge, wie zuletzt Kelderman und Laurens Ten Dam. Er denkt auch an Zeitfahrer für die Mannschaftszeitfahren und Tempobolzer für Flachetappen mit Windkanten. »Wir wollen ein richtig starkes Rundfahrtteam sein«, sagte er. Der sportliche Leiter Luke Roberts sieht die eigene Truppe schon weit vorn. »Wir sind hier am Giro mit Movistar auf Augenhöhe. Zum Tourteam von Sky fehlt nur noch ein Schritt«, meinte der Australier selbstbewusst.

Auf der 18. Etappe am Donnerstag wurde er jedoch eines Schlechteren belehrt. Bereits am ersten Berg mussten alle Helfer bis auf Ten Dam abreißen lassen. In der Abfahrt kamen einige von ihnen, darunter der Berliner Simon Geschke, zwar wieder an das Hauptfeld heran. Aber sehr lange vermochten sie, ihrem Kapitän kein gutes Tempo vorzulegen. Schnell nahmen andere Teams das Heft des Handelns in die Hand, und Dumoulin musste sich allein wehren.

Spekenbrink ist in seiner Einschätzung daher auch etwas realistischer. »Wir stehen in der Entwicklung ganz am Anfang. Die Vorstellung beim Giro hier ist nur ein Schritt. Hier dürfen wir noch Fehler machen«, sagte er. Und er versicherte: »Wir brauchen die Fehler auch, um sie in den nächsten zwei bis vier Jahren eben nicht mehr zu machen.« Trotz aktueller Schwächen - oder in Spekenbrinks Duktus: mancher Lerneffekte - ist der Gesamtplan aber sehr interessant. Auch Team Sky ging einst mit einer langfristigen Strategie das Unternehmen Toursieg an.

Anders als die Briten, die lauthals einen britischen Toursieger binnen fünf Jahren angekündigt hatten - das Ziel erreichten sie schon nach drei Jahren - setzt Spekenbrink keine Fristen für Siege. »Wir sind prozessorientiert. Wir wollen das Beste erreichen, was mit der jeweils aktuellen Mannschaft möglich ist. Wenn es nur ein dritter Platz wird, weil wir eben nur die Kapazität für Platz drei haben, ist das auch gut«, sagte er.

Für die zweite Planstufe gibt er ebenfalls keine Jahreszahlen vor. Inhaltlich ist sie aber noch ambitionierter. Denn Team Sunweb, das bis 2014 unter anderem Namen noch mit niederländischer Lizenz fuhr, möchte in Zukunft mit einem deutschen Profi große Rundfahrtsiege holen. Kandidaten, die die Entwicklungsschritte von Dumoulin & Co. nachvollziehen sollen, gebe es schon im Team. Ein häufig genannter Name ist Lennard Kämna. Er war bereits Juniorenweltmeister im Zeitfahren, Bergmeister der U23 und ist aktuell, im Alter von nur 20 Jahren, bereits in der World Tour unterwegs. Weitere Talente will Spekenbrink casten. »Wir sind beim Scouting proaktiv. Wir haben die Talent Days, an denen wir deutsche Talente testen. Wir wollen ein Motor für die Entwicklung des deutschen Radsports sein«, verspricht er.

Uneigennützig ist die Sache natürlich nicht. Die Zylinder des neuen deutschen Radsportmotors sollen ja später bei Sunweb eingebaut werden. Mit den Talent Days will Spekenbrink »die Grundlage für unsere Entwicklung in den nächsten fünf bis zehn Jahren legen«, sagte er offen. Für den deutschen Radsport sind das trotzdem gute Neuigkeiten. Jetzt muss sich nur noch herumsprechen, dass der Rennstall trotz niederländischer Führung und ebensolchen Kapitänen laut Anmeldung ja ein deutscher ist.

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