»Einer gegen Sechs«: Das Ende von G7?
Trump isoliert, keine Antworten auf wichtige Probleme: Gipfel der selbsternannten Führungsnationen bleibt ohne konkrete Ergebnisse
»Einer gegen Sechs« hieß es beim G7-Gipfel in Taormina auf Sizilien oft. Gemeint war der Blockadekurs von US-Präsident Donald Trump im Kreis der führenden westlichen Industrieländer (G7). Der ist auch nach zweitägigen Beratungen isoliert in der Klimapolitik. Strittig bleibt auch der Umgang mit der Flüchtlingskrise. In Handelsfragen konnten die tiefen Gräben ein wenig zugeschüttet werden – mit einem Formelkompromiss.
Wie sieht die G7-Formulierung zum Handel aus?
Nach scharfer Debatte und langem Gefeilsche rangen sich die G7-Chefs doch noch zu einem klaren Bekenntnis durch - nicht nur zu offenen Märkten, sondern auch gegen Protektionismus. Was bis zuletzt offen war. Selbst die Bedeutung internationaler Handelsregeln wird anerkannt. Das waren bisher zwar Selbstverständlichkeiten auf G7-Gipfeln und jahrelanger Konsens. Unter Trumps »America-First«-Politik war ein solches Bekenntnis aber alles andere als ausgemacht. Wohl auch als Zugeständnis an Trump wird fairer Handel angemahnt - und festgestellt, dass Handel nicht immer jedem genutzt habe.
Was bedeutet das für deutsche Autokonzerne und Stahlproduzenten?
Das weiß man bei Trumps Unberechenbarkeit nie. Schließlich waren sich die G7 in Taormina rasch einig, dass es offene Märkte und fairen Handel geben müsse. Aber was genau dies bedeutet und was Protektionismus ist, war umstritten. Und bleibt es womöglich auch - trotz der Gipfel-Formulierung. Ob Schutzzölle etwa gegen deutsche Autohersteller vom Tisch sind, bleibt abzuwarten. Trump hatte mehrfach angekündigt, sich die Marktmacht von BMW, Mercedes und VW zulasten amerikanischer Konkurrenten vorzuknöpfen.
Und wie steht es um die Klimavereinbarung?
Ein G7-Konsens steht weiter aus - die USA bleiben isoliert. Was in der Erklärung auch klar gesagt wird: »Die Vereinigten Staaten von Amerika sind dabei, ihre Politik zum Klimawandel und zum Pariser Abkommen zu überprüfen und sehen sich daher nicht in der Lage, sich dem Konsens zu diesem Thema anzuschließen.« Trump kündigte für kommende Woche eine Entscheidung zum Verbleib der USA im Klimaschutzabkommen an. Darin hatten sich 195 Staaten im Dezember 2015 darauf geeinigt, die Erderwärmung durch den Treibhauseffekt auf »deutlich unter zwei Grad« im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Alle anderen G7-Länder haben intensiv auf Trump eingeredet, an Bord zu bleiben.
Ziehen die G7 in Fragen der Migration an einem Strang?
Nein. Die Initiative von Gastgeber Italien, einen gemeinsamen Plan für eine »geordnete Zuwanderung« zu verabschieden, scheiterte am Widerstand der USA. Die anderen sechs G7-Staaten hatten sich schon an der Abstimmung über das Papier beteiligt. Es ging ihnen um einen »ausgewogenen Ansatz, der sich davon wegbewegt, Flüchtlinge als Belastung und Bedrohung darzustellen und stattdessen die Vorteile der menschlichen Mobilität und Unterschiedlichkeit zu begrüßen«, wie es im ursprünglichen Entwurf hieß. Die USA setzten sich hingegen mit einer Passage durch, die auf Sicherheit und nationale Interessen abhebt.
Gab es bei dem Gipfel auch Einigkeit?
Im Kampf gegen den internationalen Terror haben sich die G7-Chefs schon am ersten Gipfeltag auf ein gemeinsamen Papier verständigt. Was insbesondere nach dem jüngsten Anschlägen in Manchester und auf christliche Schulkinder in Ägypten erwartet worden war. Wirklich konkret wurden die G7 aber nicht. Die Verpflichtung, die Anstrengungen im Anti-Terror-Kampf zu »verdoppeln«, wird am Ende schwer zu messen sein. Im Kern geht es darum, Internet-Betreiber und soziale Netzwerke stärker in die Pflicht zu nehmen, damit keine Terror-Propaganda verbreitet wird. Die IT-Branche soll »dringend« neue Technologien entwickeln. Auch sollen Daten besser ausgetauscht und die Finanzströme der Terroristen ausgetrocknet werden. Was bekannte Forderungen sind.
Kamen der Ukraine-Konflikt und Russland zur Sprache?
Ja. Die G7 drohen Russland mit weiteren Sanktionen. Sie dringen auf Umsetzung des Minsker Friedensabkommens für die Ost-Ukraine. »Sanktionen können zurückgefahren werden, wenn Russland seine Verpflichtungen erfüllt«, heißt es: »Wir sind aber auch bereit, weitere restriktiven Maßnahmen zu ergreifen, um die Kosten für Russland zu erhöhen, falls sein Vorgehen das erfordert.« Agenturen/nd
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