Von Wilfried Neiße

  • Lesedauer: 2 Min.

»Wir Frauen sind in den Hintern gekniffen«, findet Hannelore. »Wäre ich nur ein paar Tage später geschieden worden, hätte ich Anspruch auf Versorgungsausgleich gehabt«, sagt Regina. »Ich weiß, ich könnte zum Sozialamt gehen, aber ich lass’ meine Schlüpfer nicht zählen«, erklärt Charlotte. »Meine Tochter gibt mir monatlich Geld, damit ich mir eine Monatskarte leisten kann«, erzählt Christine.

Es sind Sätze zu einer Fotoausstellung über das Schicksal von Frauen, die sich in der DDR scheiden ließen und die nun in der Bundesrepublik benachteiligt werden. Die Linksfraktion zeigt diese Ausstellung seit Dienstag auf ihrem Flur im Landtag. Zu sehen sind Porträts und Äußerungen der betroffenen Frauen.

Bei Scheidungen in der DDR war ein Ausgleich bei der Rente gegenüber dem Ex-Mann nicht vorgesehen. Diese Regelung ist nach 1990 per Einigungsvertrag beibehalten worden. An den Renten- oder Pensionsansprüchen der Ehemänner partizipieren nur die Frauen, deren Trennung im Westen oder bereits nach der Wende erfolgte.

Die Landtagsabgeordnete Diana Bader (LINKE) wies am Dienstag ausdrücklich darauf hin, dass die betroffenen Frauen - von den 800 000 leben heute schätzungsweise immer noch 300 000 - in einem »Nichts aus Ungerechtigkeit« leben müssen. Ein Ausgleich bei Rentenpunkten war zu DDR-Zeiten nicht notwenig. Die Frauen waren damals »nicht auf einen Versorgungsausgleich angewiesen«, unterstrich Bader. »Die Rente war abgesichert, es existierte der Anspruch auf eine Mindestrente für Frauen.« Außerdem zählten im Sozialismus für die Rentenberechnung nur die letzten 20 Berufsjahre, also jene, in denen die Kinder aus dem Haus waren und auch die Frau meist wieder in Vollzeit ihrem Beruf nachging. Rentenansprüche ergaben sich in der DDR auch aus der Zahl der Kinder, während es eine bescheidene Mütterrente in der BRD erst seit wenigen Jahren gibt. Auch durften Frauen in der DDR bereits mit 60 Jahren in Rente gehen (Männer mit 65 Jahren). Die Rentengesetzgebung damals entsprach einer »Anerkennung der Lebensleistung«, sagte die Abgeordnete Bader.

Eindeutig richten sich die Ansprüche gegen die ostdeutschen Männer, die mit ihren Ex-Frauen nach der Wende nicht teilen mussten und müssen. Im Schnitt bekamen die ostdeutschen Männer nach der Wende monatlich 1100 Euro Rente, die Frauen 650 Euro. Doch der Bestandsschutz für die Männer sei kaum angreifbar, die berechtigten Forderungen ihrer Ex-Frauen müssten daher aus Steuermitteln finanziert werden, glaubt Marion Böker, Direktorin der Beratung für Menschenrechte und Genderfragen.

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