Die Paketpost setzt vermehrt aufs Fahrrad
Nach zwei Monaten Versuchsphase werden Kuriersendungen im Zentrum nun regulär mit Lastenrädern zugestellt
»Das Auto hat mehr Regeln. Mit dem Rad kannst du überall fahren«, erklärt Can Güner, warum er gerne mit dem Lastenfahrrad für DHL Kuriersendungen ausliefert. »Und die Stopps sind wesentlich schneller als mit dem Auto.« Klar, schließlich muss kein mehr oder weniger legaler Parkplatz für das Zustellfahrzeug gefunden werden. Seit April fährt der 20-Jährige für DHL in der Innenstadt. Auf fünf Touren testet die Pakettochter der Deutschen Post in Mitte, Prenzlauer Berg, Friedrichshain und Kreuzberg seit knapp zwei Monaten die Zustellung per Fahrrad. Bis zu 210 Liter große Transportboxen passen auf die Räder, die das Unternehmen »Parcycle« nennt. 60 bis 70 Pakete stellt Güner in einer Schicht zu, dabei fährt er bis zu 50 Adressen an.
»Bisher waren die Lastenräder zusätzlich im Einsatz, ab jetzt fahren sie im Regelbetrieb«, sagt Markus Reckling, Deutschlandchef von DHL Express am Dienstagmorgen bei der Präsentation am Hackeschen Markt in Mitte. Und wegen der guten Erfahrungen in der Testphase kommen gleich noch zwei weitere Fahrradtouren dazu. »Im Idealfall ersetzt ein Lastenfahrrad ein Auto, im Normalfall ersetzt es ein Auto zu drei Vierteln«, sagt Reckling.
Der eigentliche Star des Kurierdienstes ist jedoch das »Cubicycle«, das aussieht, wie ein zu groß geratener Spielzeuglaster. Auf der Ladefläche des vierrädrigen Lastenrads mit Liegesitz ist ein tauschbarer Transportcontainer befestigt. Bisher ist das Modell, das bis zu 125 Kilo Last mit einem Volumen von bis zu einem Kubikmeter transportieren kann, in Frankfurt am Main und im holländischen Utrecht erprobt worden. »Die Leute sind ganz begeistert, halten mich an und wollen Fotos machen«, berichtet Testfahrer Alexander Ruppert. Und dank der Elektrounterstützung sei das Fahren auch überhaupt nicht anstrengend.
Fast 10 000 Euro kostet dieses von der holländischen Firma Flevobike entwickelte Modell. »Das sind aber auch noch Einzelanfertigungen«, so Reckling. Die zu transportierenden Container entsprechen von ihren Abmessungen genau einer Europalette. Dann wird es für Logistikunternehmen und ihre optimierten Prozesse auch interessant, wenn mit Standardformaten gearbeitet wird. Tatsächlich sieht das Konzept kleine zentrale Standorte vor, zu denen mit einem herkömmlichen Laster vier der kleinen Wechselcontainer angeliefert werden. Jeweils zwei »Cubicycles« liefern die Päckchen dann an die Empfänger aus. Nach Angaben von DHL spart ein solcher »Cityhub« genannter Standort 16 Tonnen CO2 pro Jahr ein.
Das Kreuzberger Unternehmen Velogista transportiert bereits seit drei Jahren Waren per Elektrolastenrad durch die Stadt. Dessen Modell »Musketier« kann sogar bis zu 250 Kilogramm zuladen.
Doch Konzerne wie DHL oder UPS haben erkannt, dass an der Zustellung per E-Bike zumindest in den Innenstädten mittelfristig kein Weg vorbeiführt. Staus und fehlende Parkplätze machen die Auslieferung mit Transportern zunehmend unkalkulierbar. Da kommt es gerade recht, dass nach vielen anderen Städten auch in Berlin demnächst ein vom Bund gefördertes Pilotprojekt zur Lastenfahrradlogistik starten soll. Wann genau, das ist allerdings noch unklar.
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