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Teure »Mittagessens-Diplomatie«

Dubiose Reisen, zweifelhafte Zulagen - Niedersachsens Rechnungshof legt Bericht vor

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Erst eine Schokoladenfabrik besichtigen, dort ein wenig naschen - nicht zu viel, denn anschließend wartet im ausgewählten Restaurant ja noch ein Abendessen. Das Team der »Stiftung Braunschweiger Kulturbesitz« durfte einen solch gehaltvollen Ausflug genießen. Sauer aufgestoßen dagegen ist er Niedersachsens Landesrechnungshof. Er rügt den Schokotrip in seinem am Mittwoch vorgelegten Jahresbericht für 2015, nicht zuletzt, weil das Land beträchtliche Mittel in die Stiftung pumpt, die »kulturelle und historische Belange des ehemaligen Landes Braunschweig« zu fördern und zu bewahren hat.

Aber das sei doch kein Betriebsausflug gewesen, gab die Stiftung zu verstehen. Man habe sich, ganz aufgabengemäß, über »die Geschichte des Kulturgutes Kakao und dessen Verankerung in der Region zwischen Harz und Heide« informieren wollen. Das sei nicht nötig gewesen, kontert der Rechnungshof, dessen Bericht eine ganze Liste fragwürdiger Ausgaben der Stiftung enthält. Die Kontrolleure überschrieben das Sündenregister süffisant mit »Man gönnt sich ja sonst nichts« und rechneten auf: Die Ausgaben der Stiftung sind in den vergangenen zehn Jahren von 150 000 auf 930 000 Euro pro anno gestiegen.

Gegönnt habe sich die Stiftung unter anderem einen zu dicken Dienstwagen, der überwiegend vom Direktor benutzt wurde. Eine Fahrzeugklasse, die in Ministerien nur Staatssekretäre fahren dürfen. Gegönnt habe sich der Direktor Dienstfahrten nach Riga, Kopenhagen und Amsterdam, obwohl deren konkreter Nutzen zweifelhaft sei und der gesetzliche Auftrag der Stiftung regional begrenzt ist. Zumindest ein Geschmäckle beim Rechnungshof hinterließen auch zahlreiche Bewirtungen seitens der Stiftung, die sich verteidigte: Das sei »notwendige Mittagessens-Diplomatie«.

Die Stiftung reiht sich ein in die Schar derer, denen öffentliche Gelder anvertraut sind, die damit aber nicht wirtschaftlich umgegangen sind. So auch die politische Ebene, die zu wenig Geld für Sanierungsmaßnahmen an öffentlichen Gebäuden zur Verfügung stelle. In Oldenburg beispielsweise wurden deshalb Reparaturen am Finanzamt immer wieder aufgeschoben. Das Haus vergammelte so sehr, dass die Mitarbeiter in ein Übergangsdomizil umziehen mussten. Jener Bau hat den Steuerzahler 15 Millionen Euro gekostet. Das alte Finanzhaus wird wohl abgerissen.

Abgebaut und mit hohem Kostenaufwand verlagert worden sind Windkraftanlagen bei Cuxhaven, um dort Platz für Unternehmen zu schaffen. Rund 37 Millionen teuer wurde das Ganze. Das Wirtschaftsministerium zahlte, aber aus einem Topf, den der Landtag in Hannover für Baumaßnahmen am Jade-Weser-Port gefüllt hatte, nicht für die Cuxhaven-Aktion. Mit seiner eigenmächtigen Umleitung des Geldes habe das Ministerium gegen das Budgetrecht des Parlaments verstoßen, urteilt der Rechnungshof.

Einen Rüffel erteilten die Prüfer auch der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH): Trotz ihrer Überschuldung habe die Hochschule mehrere Jahre lang gesetzliche Obergrenzen für Personalausgaben überschritten - bis zu 23 Millionen Euro pro Jahr. »Darüber hinaus gewährte die MHH Leistungszulagen an Chefärzte in Höhe von sechs Millionen Euro - ohne Leistungsnachweise«, notieren die Kontrolleure.

Der Universität Oldenburg halten sie vor, für ein angemietetes Umweltzentrum auf der Nordseeinsel Spiekeroog eine immense Mietvorauszahlung geleistet zu haben: über eine Million Euro für 32 Jahre auf einen Rutsch. Das verstoße gegen das Haushaltsrecht. Auch den Hintergrund der Zahlung machen die Rechnungsprüfer transparent. Das Umweltzentrum hatte 2010 geplant, sich um Labore, einen Kursraum und Unterkünfte zu erweitern, Kosten: rund 2,3 Millionen Euro. Davon habe die Universität »auf Basis des Mietvertrags« einen Anteil von gut einer Million übernommen. Ein Schritt, der den Verantwortlichen allerlei Ungemach einbringen könnte, hält es der Rechnungshof doch geboten, als Konsequenz »die Einleitung eines Haftungsverfahrens nach Beamtenstatusgesetz zu prüfen«.

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