Der Sandplatzkaiser
Trotz zahlreicher Verletzungen und Selbstzweifel wird Rafael Nadal nach seinem zehnten Sieg bei den French Open zur Tennislegende
Eigentlich wäre es der perfekte Moment gewesen, um die Karriere zu beenden. Zu Ehren seines zehnten Titels bei den French Open hatten die Veranstalter eine pompöse Show auf die Beine gestellt und Rafael Nadal war sichtlich gerührt. Zehn Siege bei ein und demselben Grand-Slam-Turnier - das hatte vor ihm noch kein Spieler seit Einführung des Profitennis 1968 geschafft.
Und als Nadal da mit feuchten Augen und dem Coupe des Mousquetaires in der Hand der spanischen Nationalhymne lauschte, musste man in der Tat für einen kleinen Moment befürchten, dass dieser außergewöhnliche Sportler nach diesem Triumph den Schläger für immer aus der Hand legen würde. Doch wenig später zerstreute Nadal all diese Sorgen. »Ich bin immer noch sehr motiviert«, sagte der Mallorquiner. »Ich werde einfach so lange weiterspielen, wie ich Spaß habe.«
Spaß - der ist für Nadal nirgends so groß wie in Paris. Bei keinem anderen Turnier schafft es der 31-Jährige in so beeindruckender Regelmäßigkeit, sein bestes Tennis abzurufen. Die Art und Weise, wie er den Schweizer Stan Wawrinka am Sonntag im Finale in drei Sätzen dominierte, war eine Sternstunde für diesen an speziellen Momenten nicht armen Sport. Es war Sandplatztennis in Perfektion.
Der Weg dorthin war allerdings nicht allein mit Leichtigkeit gepflastert. Vielmehr war es ein ständiger Kampf gegen Verletzungen, Druck und sogar große Zweifel. »Ich habe jeden Tag Zweifel«, sagte Rafael Nadal. »Auch jetzt nach diesem für mich so emotionalen Triumph.«
Unsicherheit, Verletzlichkeit, Zukunftsangst - auch das ist Nadal, selbst wenn man es am Sonntag im speziellen Moment seines zehnten Paris-Titels nicht glauben mochte. Doch es ist gerade einmal ein Jahr her, da erlebte eben dieser in den vergangenen zwei Wochen so unverwundbar wirkende Nadal einen seiner schwersten Momente. Vor dem Drittrundenspiel gegen seinen Landsmann Marcel Granollers musste er wegen einer Verletzung am Handgelenk passen.
Das sei sein traurigster Augenblick in Paris gewesen, sagte Nadal am Sonntag. Noch bitterer als seine Achtelfinal-Niederlage gegen Robin Söderling 2009 oder sein Viertelfinal-Aus gegen Novak Djokovic vor zwei Jahren. Weil er wieder Zweifel aufkommen ließ, wie lange der Körper seine extrem strapaziöse Spielweise noch mitmachen würde. Zweifel, ob er sich seinen großen Traum von La Décima, dem zehnten Triumph bei den French Open, noch erfüllen könne.
Doch Nadal hat im Laufe seiner Karriere, in der er immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen wurde, gelernt, mit Zweifeln umzugehen. Ja, er hat es sogar geschafft, daraus zusätzliche Motivation zu ziehen. »Ich denke, Zweifel sind wichtig, da sie dir die Möglichkeit geben, mit noch mehr Intensität, mit noch mehr Hingabe zu arbeiten«, sagte er. »Wenn du keine Zweifel hast, dann wahrscheinlich, weil du arrogant bist. Für mich dagegen sind Zweifel der Ansporn, hart zu arbeiten und der Grund, warum ich den Erfolg habe, den ich habe.«
Dank dieser Einstellung sehnt sich Nadal bereits nach weiteren Titeln. »Ich würde es lieben, hier auch ein elftes Mal zu gewinnen«, sagte er, nachdem er in der Weltrangliste wieder auf Platz zwei vorgerückt war. Zunächst steht aber bereits in drei Wochen in Wimbledon das nächste Grand-Slam-Turnier an. Auf dem grünen Rasen hat der Spanier zuletzt vor sieben Jahren gewonnen.
»Wimbledon ist für mich immer besonders schwer, ich muss sehen, wie meine Knie halten«, sagte der 31-Jährige. »Wenn ich fit bin und mich gut darauf vorbereiten kann, habe ich gute Chancen. Aber wenn nicht, dann wird es verdammt schwer für mich, dann werde ich nicht mithalten können«, sagte Nadal und verzog das Gesicht. Da waren sie wieder, diese Zweifel, die ihn schon die ganze Karriere lang begleiten. Die ihn aber auch zu dem gemacht haben, was er nicht erst seit seinem historischen zehnten Titel von Paris ist. Eine Legende seines Sports. dpa/nd
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