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Warnsignale aus Russland

Das Netzwerk Football Against Racism in Europe (FARE) veröffentlicht einen Bericht über Diskriminierungen im Fußball - besonders lesenswert vor dem Confed Cup

  • Julien Duez
  • Lesedauer: 3 Min.

Im Jahr 2017 fühlen sich zu viele Fußballfans unsicher, wenn sie ein Stadion betreten. Gewalttätige Aktionen gibt es meist außerhalb der Arenen, aber auch auf den Tribünen. Die Europameisterschaft 2016 in Frankreich hat gezeigt, dass es zu solchen Aktionen nicht nur in unteren Ligen oder ärmeren Ländern kommt. Im vorigen Sommer ließen viele gewaltbereite Fans aus ganz Europa die Fäuste sprechen. Straßen und Stadion von Marseille wurden zum Kampfplatz, insbesondere zwischen russischen und englischen Hooligans.

Apropos Russland: Wie bereit ist der Gastgeber am Tag vor dem Anpfiff zum Confed Cup? Bei der Generalprobe zur WM 2018, bleiben viele Punkte bei den Themen Sicherheit und Gewalt offen. Einerseits betonen Organisationskomitee (OK), russischer Fußballverband und die Regierung, dass alle Sicherheitsmaßnahmen erhöht wurden und die Besucher ohne Sorgen die verschiedene Spielorte besuchen könnten. Andererseits senden viele Hooligangruppierungen bereits Warnsignale in Richtung der Gästefans. Manche tönen bereits, dass die WM 2018, »ihre« WM der Hooligans sein wird: ein großes Treffen der weltweiten Szene mit Konsequenzen, die man sich nicht vorstellen möchte.

Doch Gewalt kommt nicht nur von Hooligans. Auch »Normalos« tragen ihre Schuld daran. Weniger mit den Fäusten, sondern mit dem Mund, wenn zum Beispiel ein paar Wenige oder eine ganze Kurve rassistische Parolen brüllt. Dies geschieht weltweit: in Chile, Portugal, Australien, Kamerun, Neuseeland, Mexiko, Deutschland oder Russland. In allen Teilnehmerländern des Confed Cups kann man Diskriminierungen erleben - oft mit regionaler Prägung.

Dieses peinliche Repertoire hat das Netzwerk Football Against Racism in Europe FARE (deutsch: Fußball gegen Rassismus in Europa) zusammengestellt. In einem 75-seitigen Bericht - derzeit nur auf Englisch unter farenet.org gratis verfügbar - findet sich eine Art »Best of« der gängigsten Diskriminierungsformen rund um die Welt sowie eine Bildergalerie rechtsextremistischer Symbole, die besonders in Osteuropa noch häufig benutzt werden.

Diese nicht einmal vollständige Kollektion erlaubt den kritischen Fans, diskriminierende Rufe zu erkennen, auch wenn sie in einer Fremdsprache gebrüllt werden. Zwar kann jeder verstehen was eine geworfene Banane in Richtung eines schwarzen Spielers bedeutet, aber wer weiß in Deutschland schon, wie man das »N-Wort« auf Koreanisch oder »Hure« auf Chichewa (eine der offiziellen Sprachen Malawis) sagt?

Nicht nur die Fußballfans werden dieses Rüstzeug brauchen. Auch die FIFA selbst hat angekündigt, dass sie den FARE-Bericht nutzen wird, um diskriminierenden Verhalten während des Confed Cups zu erkennen und wenn es nötig ist, zu bestrafen: »Die Schiedsrichter werden die Macht haben: erstens, das Spiel zu pausieren und öffentlich verlangen, dass das diskriminierende Verhalten aufhört. Zweitens, die Partie zu unterbrechen, bis das Verhalten total aufhört. Und drittens, wenn das Verhalten weiter geht, kann der Schiedsrichter entscheiden, das Spiel definitiv abzubrechen«, teilte der Weltverband am Mittwoch mit.

Sollte ein solches Szenario eintreten, würden spezielle Beobachter - von FARE koordiniert - für die FIFA einen Bericht erstellen, auf dessen Basis alle Schuldigen bestraft werden sollen. »Dies gilt als Meilenstein im Kampf gegen Diskriminierungen und wird den Confed Cups 2017 prägen«, fügte FIFA-Präsident Gianni Infantino hinzu.

OK-Präsident Witali Mutko gab sich sehr zufrieden über diese Ankündigung: »Wir freuen uns, dass Russland mit der Mission beauftragt wurde, der erste Gastgeber des Confed Cups und der WM zu werden, um solche Initiativen umzusetzen, um den Weltfußball besser zu machen«, sagte der russische Vizeministerpräsident. »Das ist eine sehr ehrenvolle Rolle und eine große Verantwortung. Wir sind zuversichtlich, dass das bevorstehende Meisterturnier in einer feierlichen und gastfreundschaftlichen Atmosphäre für alle Gäste und Teams des Confed Cups stattfinden wird«, so Mutko. Nun müssen den Worten jedoch Taten folgen.

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