Falsche Freunde

Meine Sicht: Ellen Wesemüller über konservative Zustimmung zur Islamkritik

  • Lesedauer: 2 Min.

Seyran Ateş ist eine mutige Frau. Das ist kein abgedroschenes Bild, auch wenn es erst einmal so klingt, und sich von feministischer Aktivistin bis Tagesschausprecher sicher viele auf dieses Lob einigen könnten. 1984 erschoss ein Mann während der Beratungszeit eine ihrer Klientinnen und Ateş fast mit. Sechs Jahre dauerte es, bis sich die damalige Jurastudentin von den Folgen zumindest gesundheitlich erholen konnte. Immer wieder musste sie in den kommenden Jahren ihre Arbeit als Anwältin unterbrechen, sich aus der Öffentlichkeit zurückziehen - aus Angst um Leib und Leben.

Die Eröffnung einer Moschee, in der Frauen gleichberechtigt beten können, ist ein weiterer solch mutiger Schritt. Und doch bleibt ein schales Gefühl zurück, dieses Projekt nicht uneingeschränkt ein »feministisches« nennen zu können.

Dieses Gefühl wird zum einen erzeugt durch das, was Ateş selbst sagt: dass Kopftuchträgerinnen generell unterdrückt sind. Dass die doppelte Staatsbürgerschaft abzulehnen ist, auch, weil es wichtig sei, sich mit Deutschland zu identifizieren. Dass sie Bücher mit dem Titel »Warum ich Deutschland lieben möchte« schreibt. Und jetzt auf der Pressekonferenz: dass sie nicht für den »Islam in Deutschland« kämpft, sondern für einen »deutschen Islam«. Das alles klingt in den Ohren einer christlich geprägten weißen Linken ohne Migrationshintergrund sicher anders als für eine in der Türkei geborene Feministin.

Das ungute Gefühl kommt dann auch vor allem von der Nachbarschaft, in die man kommt, wenn man lediglich die Islamauslegung kritisiert und zur Ursache von Frauenunterdrückung und Terror erklärt. Denn das machen auch CDU und AfD - sicher nicht im Dienste des Feminismus. Verständlich ist, dass sich Ateş als Muslima dazu berufen fühlt. Wenn jedoch andere Verhältnisse unkritisiert bleiben, kommen Schulterschlüsse zustande, die man nicht haben will.

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