Wo Schwamm und Schimmel residieren

Niedersachsen lässt vom Verfall bedrohtes Schloss Herzberg im Harz sanieren

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 2 Min.

Wie in einem schmuddeligen alten Bahnhofsklo stank es zuweilen im Sitzungssaal des Amtsgerichts Herzberg. Schuldig an jenen üblen Dünsten waren kleine Gestalten mit Räubermaske: Waschbären. Sie und auch Marder hatten sich durchs schadhafte Gemäuer und das nicht minder marode Gebälk ins einstige Welfenschloss geschlichen, in dem die Justiz residiert. Und ausgerechnet über deren Verhandlungsstätte entleerten sich die ungebetenen Besucher dann und wann.

Durch bauliche Maßnahmen ist dieses Problem mittlerweile beseitigt worden. Wenn auch eklig, so war der Geruch aber doch eines der minder schweren Probleme im dem vierflügeligen Komplex, der als ältestes Fachwerkschloss Norddeutschlands gilt. Seinen Ursprung hat es im 12. Jahrhundert, nach einem Brand wurde es 1510 wieder aufgebaut, bis 1714 diente es dem Welfengeschlecht als Residenz. Seit 1852 ist es Sitz des Amtsgerichts, darüber hinaus beherbergt es ein Museum, ein Café-Restaurant und den Rittersaal. Er wird für Konzerte und andere Veranstaltungen genutzt.

Aus der Ferne bestaunt, wirkt das hoch über der Harzstadt Herzberg thronende Gemäuer stattlich und edel. Näher betrachtet jedoch offenbaren sich Mängel, die nicht nur Fachleuten signalisieren: Wird nicht bald etwas Entscheidendes für den Erhalt des denkmalgeschützten und historisch bedeutsamen Bauwerks getan, droht ihm der Verfall. Teile des Schlosses sind vom Einsturz bedroht, Schwamm wuchert, Feuchtigkeit, Schimmel und Schädlinge haben hier und da die Herrschaft übernommen.

Angesichts dessen hatte Niedersachsen schon vor Jahren mit der Sanierung des Schlosses begonnen, 2005 jedoch stoppte der damalige Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) das Projekt. Die schwarz-gelbe Regierung wollte das landeseigene Gemäuer für sehr wenig Geld loswerden, doch ein Käufer fand sich nicht, der Sanierungsstau war allzu abschreckend.

Möllrings Amtsnachfolger Peter-Jürgen Schneider (SPD) war jetzt zur Wiederaufnahme der Arbeiten gekommen, für die das Land zunächst 7,5 Millionen Euro bereit gestellt hat. Davon sollen im laufenden Jahr und 2018 die dringlichsten Maßnahmen zur Rettung des Schlosses bezahlt werden. Insgesamt wird das Sanieren wohl 20 Millionen Euro verschlingen, heißt es aus dem Finanzministerium. Festlegen auf die kalkulierte Endsumme aber will sich niemand bei den Landesbehörden. Es handele sich um einen »prognostizierten Gesamtbedarf«, der »erheblichen Unsicherheiten« unterliege. Noch seien nicht alle Baukonstruktionen zugänglich, und so müsse man mit mancher Überraschung rechnen.

Eine solche erlebten jüngst die Bediensteten des Amtsgerichts: In ihren Sozialraum rieselte Lehmstaub aus der Deckenvertäfelung. Nicht so schlimm wie die stinkigen Hinterlassenschaften der Waschbären, aber doch Grund genug für das Baumanagement des Landes, sogleich für die Behebung des Schadens zu sorgen. Ein kleiner Einstieg in das nun gestartete Millionenvorhaben.

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