Nicht nur am Tisch sitzen

Die Schweizer SP setzt auf Wirtschaftsdemokratie

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 2 Min.

Berge, Banken, Blocher, Schokolade: Die Schweiz ist für vieles bekannt, aber nicht für progressive Politik. Dabei hat die dortige Sozialdemokratie (SP) 2016 eine Agenda für Wirtschaftsdemokratie beschlossen, die darbende Schwestern inspirieren könnte.

In dem Positionspapier geht es »im Kern« darum, »die Verteilungsfrage auszuweiten«. Neben einer »steuerlichen Rückverteilung des gesellschaftlichen Reichtums im Nachhinein« sei eine »gerechtere Verteilung wirtschaftlicher (Entscheidungs)Macht« vonnöten. Damit ist nicht nur ein Aufholprozess gemeint, der den Umstand korrigieren soll, dass in Schweizer Unternehmen nach dem Scheitern der Mitbestimmungsinitiative von 1976 Beschäftigte nicht obligatorisch mit am Leitungstisch sitzen. Tatsächlich gehen die Vorstellungen der SP weit darüber hinaus.

So könnten kollektive - nicht individuelle - Gewinnbeteiligungsmodelle in einen »schrittweisen Übergang zu demokratischen Unternehmen im Mehrheitsbesitz der Mitarbeitenden« münden. Boden soll möglichst in öffentliche Hand kommen, Bodenrenten seien »steuerlich abzuschöpfen«. Das Produktivitätswachstum soll »Arbeitszeitverkürzungen bei gleichbleibendem Lohn« finanzieren. Der »Service public« um Bahn, Post und den Kommunikationskonzern Swisscom sei auszuweiten, etwa auf den »Care-Sektor« (Pflege) oder »Teile des Pharmabereiches«.

In die Führung der Nationalbank sollen Beschäftigtenvertreter einziehen, Kantonalbanken seien am Gemeinwohl zu orientieren. Die Leitungen der wirtschaftlich mächtigen Pensionskassen will man gewerkschaftlich einbinden. Genossenschaften und »Benefit Corporations« seien massiv zu fördern. Aufzubauen sei ein nationaler »Zukunftsfonds«, der bei Verkauf oder Schließung von Klein- und Mittelunternehmen ein »Vorinformations- und Vorkaufsrecht« besitzen und aus Kapitalgewinns- und Bonussteuern finanziert werden soll.

Zu flankieren sei all das durch eine Veränderung der offiziellen Statistiken. Gefordert wird eine breite Grundlagenforschung. »Von der Volks- bis zur Hochschule« sei ferner ein »Bild von Wirtschaft« zu vermitteln, das sich nicht an »Großunternehmen und reichen Kapitaleignern« ausrichte.

Das Papier endet mit dem Postulat, der »Horizont der Sozialdemokratie« weise immer »über den Kapitalismus hinaus«.

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