Familie ist, wo Kinder sind
Rot-rote Regierung verabschiedet Weiterentwicklung des familienpolitischen Programms
Die Familie gehöre zu den Grundpfeilern der Gesellschaft. »Sie ist das von den meisten Menschen gewünschte Lebensmodell, die kleinste soziale Einheit, die Grundlage des gesellschaftlichen Zusammenlebens.« So hieß es in der alten Fassung des familien- und kinderpolitischen Programm der rot-roten Landesregierung.
Diese Sätze aus dem Jahre 2011 klingen ein kein wenig wie die berühmte Passage aus dem DDR-Familiengesetzbuch von 1965: »Die Familie ist die kleinste Zelle der Gesellschaft. Sie beruht auf der für das Leben geschlossenen Ehe ...« Damals insgesamt modern, weil es die Gleichberechtigung der Frau betonte, entsprach das Familiengesetzbuch in dieser speziellen Formulierung nicht der Lebenswirklichkeit in der DDR. Denn die DDR hatte eine rekordverdächtig hohe Scheidungsrate. Schließlich waren Mann und Frau hier nicht mehr wirtschaftlich voneinander abhängig.
- In Brandenburg kommen auf einen alleinerziehenden Vater neun alleinerziehende Mütter.
- Das Land fördert die Servicestelle für die landesweit etwa 50 lokalen Bündnisse für Familien mit 70 000 Euro jährlich.
- Das Netzwerk »Gesunde Kinder« erhält 3,1 Millionen Euro. 30 000 Euro gehen an die zugehörige Servicestelle.
- Für verschiedene Verbesserungen in der Kitabetreuung plante die rot-rote Koalition für das laufende Jahr knapp neun Millionen Euro ein und für das kommende Jahr fast 33 Millionen Euro.
- Die Beratungsstelle »Arbeitswelt und Elternzeit« bekommt 388 400 Euro im Jahr.
- Für die Integrationsbegleitung Langzeitarbeitsloser und ihrer Familien werden jährlich acht Millionen Euro aufgewendet.
- Eine Verkehrssicherheitskampagne mit Veranstaltungen und Wettbewerben kostet 180 000 Euro im Jahr. af
Am Dienstag verabschiedete das brandenburgische Kabinett eine Weiterentwicklung seines familien- und kinderpolitischen Programms. 2005 war das Programm aufgelegt und 2011 bereits einmal angepasst worden.
»Brandenburg ist schon heute eine besonders familien- und kinderfreundliche Region. Dazu haben die beiden ersten familien- und kinderpolitischen Programme maßgeblich beigetragen«, betonte Sozialministerin Diana Golze (LINKE) am Dienstag. Damit es so bleibt, will das Land die kommunale Familienpolitik auch künftig durch ergänzende Förderungen und Projekte unterstützen. 40 Maßnahmen listet das Programm auf. Zu den Schwerpunkten gehören Bemühungen um ein familienfreundliches Berufsleben, um Langzeitarbeitslose und ihre Familien sowie um bezahlbare Mobilität und höhere Verkehrssicherheit. Das weiterentwickelte Programm umfasst inklusive eines tabellarischen Anhangs 49 Seiten und trägt den heutigen Realitäten Rechnung.
Der Begriff Familie wird nicht allein für die klassische Situation Vater, Mutter, Kind verwendet. Schließlich gebe es »verheiratete und unverheiratete Paare mit Kindern, Familien mit pflegebedürftigen Angehörigen, Patchworkfamilien und Ein-Eltern-Familien, Stieffamilien und Regenbogenfamilien«. Bereits im gültigen Koalitionsvertrag von SPD und LINKE heißt es: »Familie ist da, wo Kinder sind, wo Menschen ihr Leben teilen und wo Generationen füreinander Verantwortung teilen.«
In Brandenburg leben 235 200 Familien mit Kindern unter 18 Jahren. In nur noch 53 Prozent dieser Familien sind die Eltern miteinander verheiratet. Der Anteil der nichtehelichen Lebensgemeinschaften nimmt zu. Es steigt auch die Zahl der Alleinerziehenden, die sich mittlerweile bei rund 64 000 bewegt. Mit mehr als 19 000 Geburten im Jahr wurden zuletzt die besten Werte seit der Wende erreicht. Die Geburtenrate hat sich von 1,43 Kindern pro Frau im Jahr 2009 auf 1,54 Kinder pro Frau verbessert und liegt damit 0,4 Prozent über dem Bundesdurchschnitt.
Annährend 90 Prozent der Zwei- und Dreijährigen besuchen eine Kita, bei den Vier- bis Sechsjährigen sind es fast alle Kinder. Mit dieser ausgezeichneten Versorgungsquote belegt Brandenburg im Bundesvergleich einen Spitzenplatz. Allerdings sind die Kitagruppen vergleichsweise groß, wenngleich die rot-rote Koalition in dieser Hinsicht schon für einige Verbesserungen sorgte. Allein dafür, dass auf eine Erzieherin statistisch nur noch fünf Krippenkinder kommen statt vorher sechs Kinder, wendet das Land ab 2017 rund 53 Millionen Euro jährlich auf.
Bei allen Investitionen und trotz deutlich gesunkener Arbeitslosenquote bleibt die Kinderarmut ein großes Problem. 18 Prozent der unter 15-Jährigen sind auf Stütze angewiesen. Brandenburg gewährt Bedürftigen ein Schüler-Bafög von 100 Euro monatlich, damit sie Abitur machen können, und es zahlt Ferienreisezuschläge von acht Euro pro Person und Tag. Außerdem bezuschusst das Land diverse Netzwerke und Beratungsstellen. Soziale Ungerechtigkeiten lassen sich damit allerdings bestenfalls abmildern und nicht beseitigen.
Programm unter masgf.brandenburg.de
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