Sommerferien: Lehrer müssen oft stempeln
In Hessen arbeiten viele Lehrer mit Zeitverträgen
Mit dem Beginn der Sommerferien in Hessen am vergangenen Wochenende ist auch das Thema Lehrerarbeitslosigkeit wieder in das öffentliche Blickfeld gerückt. Die Rede ist von einer vierstelligen Zahl von Lehrkräften an staatlichen Schulen zwischen Weser, Werra, Rhein und Neckar, die bislang nur befristet beschäftigt sind und erst wieder mit Beginn des neuen Schuljahrs Mitte August eine Anstellung finden können.
Die wirkliche absolute Zahl der arbeitslosen Lehrer sei schwer zu beziffern, erklärt Jochen Nagel, Chef der Bildungsgewerkschaft GEW, auf nd-Anfrage. Schließlich verzichteten viele Betroffene in den Sommerferien auf eine Arbeitslosmeldung bei der Agentur für Arbeit, weil sie als Empfänger von Arbeitslosengeld I dem lokalen Arbeitsmarkt jederzeit zur Verfügung stehen müssten und deshalb keine Urlaubsreise antreten könnten. Daher spiegelten die amtlichen Statistiken nicht die gesamte Realität wider.
Derartige prekäre Bedingungen für Pädagogen stünden trotz nachweislichen Personalbedarfs auch in anderen Bundesländern auf der Tagesordnung, Hessen gehöre in dieser Hinsicht allerdings zu den bundesweiten Schlusslichtern, so der Gewerkschafter. Besonders an Grundschulen seien aufgrund schlechter Besoldungs- und Arbeitsbedingungen der Drang zum Einsatz von »Seiteneinsteigern« besonders stark, kritisiert Nagel.
Dieser Tage war die Lehrerarbeitslosigkeit auf Antrag der oppositionellen FDP auch Gegenstand einer Aktuellen Stunde im Wiesbadener Landtag. »Hessen nimmt bei der Ferienarbeitslosigkeit hinter Baden-Württemberg einen unrühmlichen zweiten Platz ein«, bemängelte der FDP-Abgeordnete Wolfgang Greilich unter Verweis auf die Bundesagentur für Arbeit, die im Sommer 2016 für Hessen offiziell eine Rekordzahl von 1102 vorübergehend arbeitslosen Pädagogen gemeldet hatte. »Wer Wert auf gute Bildung legt, darf seine Lehrer nicht wie Saisonarbeitskräfte behandeln«, so der Liberale.
Ähnlich kritisch äußerten sich auch die beiden anderen Oppositionsparteien SPD und LINKE. »6000 Lehrkräfte schleppen sich von Jahr zu Jahr von einem befristeten Arbeitsvertrag zum nächsten, rund 1000 von ihnen werden vor den Sommerferien entlassen, um nach den Ferien weiter beschäftigt zu werden«, bemängelte der SPD-Abgeordnete Christoph Degen. Er forderte die Landesregierung auf, »die unsoziale Praxis von Kettenverträgen abzustellen, um somit die Unterrichtsqualität an den Schulen zu verbessern«.
Lehrkräfte während der Ferien einfach zu entlassen, mit dem Ziel, sie in der schulfreien Zeit nicht bezahlen zu müssen, sei ein Beleg für »arge Probleme in der Personalpolitik des Hessischen Kultusministeriums«, diagnostizierte die Abgeordnete Gabi Faulhaber (LINKE). Dies stehe in der negativen Tradition eines höchst umstrittenen Umgangs der schwarz-grünen Landesregierung mit den Lehrkräften.
Kultusminister Alexander Lotz (CDU) und Parlamentarier von CDU und Grünen verteidigten die aktuelle Praxis und sprachen von einer »Lehrerversorgung von 105 Prozent«. Das Land habe viele Pädagogen neu eingestellt und wolle die Zahl der befristeten Arbeitsverhältnisse auf ein Minimum reduzieren, auch wenn sich Befristungen aufgrund von Vertretungsregelungen wegen Krankheit oder Schwangerschaften nicht gänzlich vermeiden ließen, so die Argumentation der Koalitionäre.
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