Chinas Pandas stehlen dem Gipfel etwas Schau

Staatspräsident Xi Jingping macht auf dem Weg nach Hamburg Station in Moskau und Berlin

  • Werner Birnstiel
  • Lesedauer: 3 Min.

Seinen spektakulärsten Termin hat Chinas Staatspräsident Xi Jinping auf seiner G20-Gipfelreise wohl nicht in Moskau oder Hamburg. Nein, in Berlin kommt es am Mittwoch zur historischen Übergabe der Pandabären Jiao Qing und Meng Meng an den Zoo. Sie können dem Gipfel ein wenig die Schau stehlen als ein Weltereignis nicht nur für bunte Blätter, sondern kalkuliertes Zeichen. Nicht jedem überlässt das Reich der Mitte seine kostbarsten Tiere.

Den Beziehungen zu Deutschland wird dort längst pragmatisch die Schlüsselrolle« im Beziehungsgeflecht mit der EU zugeordnet. Die ist als Staatenbund beim G20-Gipfel vertreten und mit Abstand größter Wirtschaftspartner Chinas. 45 Jahre nach Aufnahme der diplomatischen Beziehungen ist die Volksrepublik nun für Deutschland seit 2016 zum bedeutendsten Handelspartner herangewachsen.

Das Seidenstraßen-Projekt schlägt zunehmend deutlicher die historisch schon so oft angedachte »eurasischen Brücke«. Sie dient der politisch-ökonomischen und sozialen Vernetzung unter den Bedingungen der Globalisierung. Das ist kein Liebesverhältnis. Vielmehr werden Interessen durchgesetzt - wünschenswert in »Partnerschaft und Konkurrenz«. Kompromisslösungen wird es zumeist nur im Ergebnis harter Verhandlungen geben.

Entscheidend aber ist, dass damit praktisch neue friedens- und sicherheitspolitische Rahmenbedingungen entstehen, die ohne militärische Bündnisse auskommen. Selbst Japans rechtskonservativer Ministerpräsident Shinzo Abe bekundete Anfang Juni erstmalig Kooperationsinteresse am Seidenstraßen - Projekt.

Zur Dialektik der Geschichte gehört, dass sich Pekings Handlungsspielraum seit dem Machtantritt des neuen US-Präsidenten Donald Trump, der Isolationismus und Protektionismus das Wort redet, vergrößert hat. Peking kann in frei werdende Räume vorstoßen, die eigene Politik und Strategie mit größerer Durchschlagskraft umsetzen. Trotz aller Spannungen mit Peking verliert eine jahrzehntelang praktizierte »Eindämmungspolitik« an Wirkung.

Der Hamburger G20-Gipfel kann China weitere Wege öffnen. Xi Jinping dürfte bei seinen Staatsbesuchen in Deutschland und Russland um Vertrauen werben, um die Durchsetzung von Strukturreformen und eines gleichberechtigten freien Handels. Mit Russland stehen derzeit dabei vor allem der Ausbau der Infrastruktur und die Energieversorgung vornan. Die Beziehungen zu Russland wurden schon vor dem Besuch am Montag als »exzellent« bewertet, als noch produktiver seit Putin Mitte Mai in China weilte. Den Rahmen auch dafür bietet das Seidenstraßen-Projekt.

Unter großer internationaler Beteiligung fand dazu in Peking im Mai das »Seidenstraßen-Forum« statt. Unmittelbar danach wurde erneut ein kräftiger politischer Gewinn durch den Gipfel der Shanghai Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) in der kasachischen Hauptstadt Astana erzielt. Indien und Pakistan traten der SOZ bei, und diese ist nun die weltgrößte Regionalorganisation.

Wohin inhaltlich die Reise auf dem G20-Gipfel gehen soll, wurde auf dem Treffen der Außenminister der BRICS-Staatengruppe mit Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika Mitte Juni in Peking klargestellt: Zehn Jahre BRICS erbrachten, dass sich deren Anteil an der globalen Wirtschaftsleistung von zwölf auf jetzt 23 Prozent erhöht hat.

Politisch wird von Peking auf die Stärkung der UNO und der »G20- Rahmenstruktur« orientiert, um Interessen der Entwicklungsländer - einschließlich Chinas - zu sichern. Peking betont sein Wirken für eine »gesunde Entwicklung« in den multilateralen Beziehungen und setzt auf die 2030-Agenda für nachhaltige Entwicklung und das Pariser Klimaabkommen von 2016. Dabei sollen die Kapazitäten der Länder akzeptiert werden. Zur Bekämpfung des Terrorismus wird eine Konvention durch die UNO-Vollversammlung vorgeschlagen, für sie soll in Hamburg nachdrücklich geworben werden.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -