Schaumschlägerei

Drohgebärden aus der EU schrecken Ankara nicht, meint Uwe Sattler

Am Mittwoch debattierte das Europaparlament in Straßburg den alljährlichen Türkei-Bericht, der dem Land eklatante Demokratiemängel vorwirft. Der Ruf im Plenum nach einem Stopp der EU-Beitrittsgespräche war unüberhörbar - und überflüssig. Denn diese liegen seit Jahren auf Eis.

Schon bei Verhandlungsbeginn waren Voraussetzungen wie die Einhaltung von Menschenrechten in der Türkei nicht gegeben. Die Brüsseler Hausaufgaben für Ankara blieben unerledigt. Aber die Türkei war zu wichtig, um das Verhalten zu sanktionieren: aufstrebende Großmacht, NATO-Flugzeugträger, Vorposten gegen Russland. Türkische Regierungen versprachen sich von den Gesprächen innenpolitisches Renommee - wahlweise durch Fortschritte oder durch Schelte gegen Brüssel bei Verzögerungen.

Inzwischen ist die Türkei eine Regionalmacht, Erdogan und Putin können (wieder) miteinander, die NATO hat an Bedeutung verloren. Und Ankara entscheidet, wie viele Flüchtlinge aus dem Osten an die EU-Grenzen klopfen. Die Straßburger Drohungen gegen die Türkei werden dort nicht ernst genommen. Zumal der Ruf nach Verhandlungsabbruch niemandem wehtut und das Geld für den Flüchtlingsdeal fließt. Eine Absage an die versprochene Visafreiheit wäre wirksamer gewesen. Aber dafür sind die großen Fraktionen im EU-Parlament wohl zu sehr Diener ihrer Regierungen.

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