Armut trotz Arbeit hat sich verdoppelt
Deutschland mit höchstem Zuwachs in der EU
Düsseldorf. Immer mehr Menschen in Deutschland sind arm, obwohl sie arbeiten. Nach einer neuen Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung hat sich die Erwerbsarmut von 2004 bis 2014 verdoppelt. Der Anteil der »working poor« an den Erwerbstätigen von 18 bis 64 Jahren stieg von 4,8 auf 9,6 Prozent. Der EU-Schnitt lag bei zehn Prozent.
Erwerbsarme verdienen weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens ihres Landes. Im EU-Vergleich war ihr Anteil in Rumänien mit 18,6 Prozent am höchsten, gefolgt von Griechenland mit 13,4 Prozent und Spanien mit 13,2 Prozent. Mit 4,5 Prozent oder weniger hatten Belgien, die Tschechische Republik und Finnland die geringsten Quoten.
Deutschland aber verzeichnete EU-weit den höchsten Zuwachs, obwohl zugleich die Beschäftigungsrate so stark stieg wie in keinem anderen EU-Land. Die positive Entwicklung auf dem deutschen Arbeitsmarkt beruht laut der Studie überwiegend auf Teilzeitjobs im Niedriglohnsektor. Zu dessen Ausweitung trugen die Kürzung von Transferleistungen und verschärfte Zumutbarkeitsregelungen für Arbeitslose bei. Um die Armutsgefährdung von Erwerbstätigen zu reduzieren, fordern die WSI-Experten eine Eindämmung des Niedriglohnbereiches, eine Erhöhung der Hartz-IV-Leistungen, eine Entschärfung der Zumutbarkeitsregeln und mehr zielführende Qualifikation.
Am Mittwoch hatte auch eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung ergeben, dass der Anteil der Bevölkerung mit mittlerem Einkommen zwischen 1995 und 2015 signifikant sank. Es vollzieht sich demnach eine Polarisierung in Reiche und Arme. In unteren Einkommensschichten sind niedrig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse verbreiteter als vor 20 Jahren, in oberen Schichten haben demnach mehr Menschen reguläre Stellen. epd/nd Kommentar Seite 4
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.